03.07.2017, 13:58
Hallo liebes Forum,
momentan bin ich total fertig mit der Welt.
Es ist für mich eine Hürde, einen Therapeuten, eine Selbsthilfegruppe o. ä. zu finden, da sich bei mir alles dreht... fürchte auch, dass einen nicht alle Ärzte und Berater ernst nehmen und fühle mich überfordert und einsam. Daher wende ich mich mit meiner Situation vertrauensvoll an euch und bitte euch, mich durch eure Meinungen und Erfahrungen zum Problem zu unterstützen.
Also: ich wurde vor längeren Jahren pornosüchtig. Mithilfe einer Therapie (ich befand mich damals zufällig schon in einer Psychotherapie, wo ich das Thema gut mit zur Sprache bringen konnte), Literatur und persönlicher Unterstützung schaffte ich es nach vielen vergeblichen versuchen, trocken zu werden. das war so vor 7 Jahren.
Damals hatte ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Für ihr war ich bereit, alles zu tun, da ich ihn sehr liebte und er für mich ein ganz besonderer Mensch war (und das ist immer noch so). Ich erzählte meinem Mann (damals noch mein Freund) von meiner Pornosucht und dem Kampf damit sehr detailliert, da ich dies vor einer Ehe zur Sprache gebracht haben wollte. Auf meine Frage hin, ob er was mit Pornos am Hut habe, verneinte er dies völlig. Ich war ganz erleichtert, da ich das Thema Porno als Süchtige auch nicht gern in meinem Leben haben wollte. Seine Antwort erschien mir auch glaubwürdig, da er einmal wirklich aus Hinterwäldlingen in einem fernen Land kam und andererseits auf einen Außenstehenden unbedingt wie ein völlig reiner, purer, unschuldiger Mensch wirkte.
Wir heirateten vor 4 Jahren. Vor der Ehe war sexuelle Interaktion immer von mir ausgegangen. Er war noch so unschuldig, dass er meist zu schüchtern war, damit anzufangen. Der Sex war aber immer toll. In der Ehe bemerkte ich dann nach und nach, dass er sich ganz seltsam verhielt.
Er übernahm in absolut keinem Bereich unseres Lebens Verantwortung, zeigte keinerlei Interesse an irgendetwas, egal was - ob Haushalt, Familienplanung, Umzug, Geld, Arbeit, Hobbies, Freunde, Romantik, Reisen - oder Sex. Alles blieb an mir hängen.
Dazu verhielt er sich völlig infantil (Selbstmitleid, Regridierung, Konfliktunfähigkeit, Rechtfertigung, Schwarzweißdenken usw.), so dass man mit ihm auch nicht darüber reden konnte bzw. sich danach nichts änderte. Es war auch egal, ob ich liebevoll, wütend oder resigniert, abwartend oder drängend war. In vier jahren hab ich alles versucht. Sex hatten wir - wenn ich es mal schaffte, ihn zu verführen - alle Viertel- oder halbe Jahre einmal. Das war auch jedesmal total schön, aber es folgte nie weiterer Sex. So, als wäre nichts passiert. Ich ging durch verschiedene Phasen der Verzweiflung und vergaß total, wie es sich anfühlt, ihn zu lieben. Es war, als wäre er nicht anwesend. Ich fragte ihn immer: "In welcher Welt hältst Du Dich innerlich auf? es ist, als ob Du Dich einkapselst vor mir!"
Vor einer Woche habe ich die antwort auf diese Frage bekommen. Ich suchte im Internetverlauf ein Rezept, und da sah ich, dass in seiner Fremdsprache Pornoseiten aufgerufen worden waren. Es war keine Werbung, sondern es handelte sich um konkrete Videos, Seiten mit Videoauswahl usw. Es war eindeutig, dass er regelmäßig - mit Verheimlichungstaktik - Pornos geschaut hatte - immer, wenn ich gerade mal schnell einkaufen oder außer Haus gewesen war. Was mich daran so schockte, waren nicht nur die Pornos, sondern, dass er mich seit 7 jahren belogen hatte.
Ich rief ihn an und bat ihn verfrüht von der Arbeit nach Hause. ganz ruhig. Er kam auch, und ich bat ihn, sich zu setzen und mit mir zu reden. Ich fragte: "Möchtest Du mir vielleicht etwas sagen?" - Antwort: Nein. Ich: "In Hinblick darauf, dass wir keinen Sex haben - möchtest Du mir da vielleicht etwas sagen?" Antwort: Nein. Ich zeigte ihm daraufhin, was ich gefunden hatte. Antwort von ihm: Ich klicke so was nicht an. Niemals!
Die Sachlage sprach absolut gegen ihn, aber er stritt es ab und hätte es bis zum Jüngsten Tag abgestritten.
Ich habe jedoch etwas Erfahrungen mit Süchtigen aller Art (leider) inklusive mir selbst! Daher brachte ich ihn dann doch dazu, offener und ehrlicher zu sein.
Er gab dann zu, dass er regelmäßig Pornos anschaut, und das schon seit Jahren - es hatte angefangen, lange, bevor er mich kannte. Wir waren also mit einer fetten Lüge in die Ehe gegangen. Das verletzte mich total! Überhaupt, dass er log. Als ob er mir nicht vertrauen könnte - ich weiß ja selbst, wie das ist, und ich habe ihm nichts verheimlicht!
Er erzählte mir auch, dass er damit Stress, Spannungen und negative Gefühle bekämpfe. Dass er viele Male versucht hätte, mit dem Pornokonsum aufzuhören, da es seinen Prinzipien (Ehe, Treue usw.) widerspreche, aber dass er immer wieder habe anfangen müssen. Dass er sich nicht mal darüber im Klaren wäre, was für Gefühle er genau unterdrücke - das sei immer nur so verschwommen wahrnehmbar für ihn. Und dass er sich gedanklich auch damit beschäftige, wenn er gerade keinen Porno schauen könne (weil ich zuhause bin).
Das alles hat mich alarmiert, denn das klingt stark nach einer Abhängigkeit. Das Lügen, das Verheimlichen, das Nichtaufhörenkönnen - und das Desinteresse an seinem restlichen Leben, das er absolut nicht auf die Reihe bekommt!
Ich habe auch gespürt, dass er mir nicht die ganze Wahrheit sagt. Denn er hat sich wirklich seltsam verhalten. Ist immer ausgewichen und hat sich verteidigt, obwohl ich ihn nicht angegriffen habe.
Beispiel: Ich frage ihn: "Oh, aber so oft bin ich doch gar nicht außer Haus. War das etwa immer am Donnerstag, wenn ich zum Chor gegangen bin?" Er, anstatt zu sagen Ja oder Nein, stellte sich erst doof: "Hm, Chor? Ich weiß nicht, wie meinst Du das?" Ich wies ihn darauf hin, dass er dieses Spielchen lassen solle. Er habe nichts zu befürchten, aber es wäre nett, wenn er es mir sagte. Daraufhin sagte er ständig Sachen wie: "Aber ich saß dann nicht die ganzen zwei Stunden so vorm PC!" Ich: Das habe ich doch auch gar nicht wissen wollen!" Er: "Doch, es kommt so rüber, wenn Du mich fragst! Aber das hab ich nicht gemacht! Wirklich nicht!" Ich :"Warum verteidigst Du Dich? Das habe ich nicht gefragt. Ich habe nur gefragt, ob es während des Chors war!" Er suchte weiter Ausflüchte usw., nur um nicht sagen zu müssen "Ja, am Donnerstag, wenn Du beim Chor warst." Dabei hat er unfreiwillig die Aufmerksamkeit auf andere Aspekte gelenkt - z. B. denke ich dann ja durchaus, dass er die gesamten zwei Stunden meiner Abwesenheit genutzt hat anstatt nur weniger Minuten. Als er also so weitermachte, sagte ich: "Okay, wenn Du darüber reden willst, dann sag mir doch, wie lang Du dann vorm PC saßt, wenn nicht zwei Stunden." Darauf konnte er auch nicht antworten und druckste total herum. Schließlich sagte er, 10m min. Das zweifelte ich an, woraufhin er von "maximal 30 min" sprach. Ich bat ihn, mich nicht weiter anzulügen, eine ehrliche Zahl zu nennen und dann einfach mit mir abzuwaschen und ins Bett zu gehen. Da meinte er völlig entnervt, dass es 40 min gewesen seien, maximal. Ich spürte aber einfach, wie er log, denn dazu hat er kein talent - Verheimlichen ja, aber Lügen nein. Er schafft es nicht einmal, über eine Geburtstagsüberraschung zu lügen.
Wir saßen dann auf dem Bett, ich hielt seine Hand, erzählte ihm nochmal von meiner Sucht, und dass das Schlimmste für mich wäre, wenn er mich anlüge. Ob 10 oder 100 min oder 20 Stunden - das spiele doch auch keine Rolle. Und ich habe ihn bisher nicht verachtet (und halte mich nicht für etwas Besseres!) und liebe ihn immer noch genauso. Ich würde ihn aber bitten, mir jetzt einmal die Wahrheit zu sagen. Er bekam Tränen der Rührung in den Augen, wurde rot, wand sich und fragte schließlich mit Zittern: "Kann ich Dir einen Durchschnittswert sagen, oder muss es ein Maximalwert sein?" Ich, völlig überrascht und auch gerührt, drückte seine Hand und sagte: "Nun doch mal heraus mit dem Maximalwert!" Er stand kurz davor, ehrlich zu sein, denn er litt unter der Peinlichkeit dessen, was er sagen wollte, und ich fühlte mit - und dann sprach er. Und sagte: "10 Minuten!" Natürlich war das völlig unlogisch, sich wegen kleiner 10 min so zu schämen und zu winden - wenn er zuvor schon von 40 min gesprochen hatte. Er log eindeutig - und tat einfach alles, damit ich ihm das abkaufte: bemitleidete sich selbst, schrie weinend herum, schwor Stein und Bein, dass er mich liebe usw. Ich sagte ihm einfach, dass ich ihm das leider nicht glaube. Dass ich nicht verstehen würde, dass er lüge. dass mich dieses Lügen verletzen würde. Dass ich ihn ja nicht ständig pikant ausfragen würde, ihn nicht verurteilt hätte, ihm nicht nachspioniere usw. und ihm einfach nur eine Frage gestellt hätte, auf die man wie immer reagieren kann - aber bitte nicht mit erneuten Lügen (was doch sinnlos ist, da ich die Hauptsache eh weiß).
Ich wollte im Nebenzimmer schlafen, sagte, dass wir morgen weiterreden könnten. Ich drohte nicht, war nicht hysterisch (das war er), sondern wollte nur meine Ruhe vor diesem Theaterstück. Es tat mir weh, wie wenig er mir vertraute. Wobei er sich für ein detail schämte - mit meinem vertrauen spekulierte, und dabei kannte er viel schlimmere details aus meinem Leben und sollte sich eher bemühen, mein Vertrauen wieder aufzubauen.
Er ließ mich aber nichts ins Nebenzimmer hinüber, bettelte und schrie und heulte. Nachts halb 3 endlich, als ich beruhigend auf ihn einredete und mich bemühte, dass wir uns dabei in die Augen sehen konnten (er sah immer verkampft und verschämt nach unten, als ob ich seine lehrerin sei), sagte er mir, dass er "maximal 75 min plus minus 5 min" vorm pc verbracht hätte.
Vorher hatte er mich 2 volle Stunden lang mit 10 min abspeisen wollen! Sein ganzes verhalten war so unlogisch, infantil, manipulativ - und voller Angst und Scham.
Ich kann nicht verstehen, dass er mich so massiv zu belügen versucht und mir sicher noch eine Menge verheimlicht. Nein, ich will nicht alles im Detail wissen. Aber es würde mich schon sehr interessieren, wie oft er ungefähr Pornos schaut - einfach, um für mich eine mögliche Abhängigkeit und die ganze Situation, in der ich auch leben muss, besser einschätzen zu können. Ist es einmal die Woche? 3mal am Tag? Vielleicht auch, wenn ich im bad bin (und nicht nur, wenn ich außer Haus bin). Sieht er sich extreme Dinge an oder nur Blümchensex? Hat er Phantasien, die wir vielleicht zusammen ausleben können? (Das würde ich liebend gern machen!) Aber mir ist klar, an eine solche direkte Frage ist gar nicht zu denken - er wird sich und mich wieder total lächerlich machen im Versuch, meiner Frage auszuweichen. Wird mit mir um Zahlen feilschen und denken, ich lasse mich total verschaukeln. Phantasien hat er natürlich "gar keine". Schade!!
Was ich daran so verletzend finde, möchte ich auch noch kurz schildern:
Nachdem er mir das vor einer Woche gebeichtet hatte, war ich erstmal völlig von der Rolle. Als mir klar wurde, dass er nur mit handfesten Beweisen und hartnäckigster Gesprächsführung etwas "zugibt", und auch nichts ändern zu wollen schien, hab ich mich für die Scheidung ausgesprochen. Hab einen Anwalt angerufen und hab sehr dabei gelitten. Hielt es aber für das geringere Übel in meinem Leben als einen lügenden Partner. Als mein Mann das mitgekriegt hat, tat es ihm alles furchtbar leid, und er sagte, dass er sich unmännlich fühle und nicht wisse, wer er selbst sei und immer denke, das kriegt er über die Pornos. Da hab ich ihn gefragt, ob er bereit wäre, eine therapie zu machen, um sich und seine Männlichkeit zu finden. Zu meiner Überraschung sagte er Ja. Und er täte das nicht für mich, sondern in erster Linie für sich. Zusätzlich wäre er aber bereit, mit mir zu einer Paartherapie, sexualberatung oder Selbsthilfegruppe zu gehen. das fand ich so klasse und so überraschend toll, dass ich ihm wieder vertrauen wollte, wenn auch mit Hinblick auf eine schwierige Genesungsphase unserer Ehe.
Und ich nahm ihn in den Arm, und so gingen wir zusammen zu Bett. das ist vor 6 tagen gewesen. Seitdem haben wir ziemlich oft miteinander geschlafen. Der Sex war unglaublich erfüllend und schön für uns beide - so etwas schönes habe ich in dieser Hinsicht noch nie erlebt. Und es war nicht nur Sex, sondern wir begannen im bett vor, beim oder nach dem Sex miteinander zu reden - über unsere Gefühle, Ängste, Sehnsüchte, Wünsche - und vor allem auch, wenn uns etwas beim Sex nicht gefallen hat. Meist waren das Momente, wo es zu sexuell zuging, wir uns also aus den Augen verloren hatten und nur noch geil waren und weniger persönlich. Er fing damit an, das anzusprechen! Ihn störte das! Er wünschte sich mehr Zärtlichkeit, Nähe und "Blümchensex". Wir kamen uns auf diese weise emotional sehr nahe, und ich hatte seit vielen Jahren das Gefühl, dass mein Mann kein zurückgebliebener, emotional verkümmerter Dummling ist, sondern ein echter, ebenbürtiger, fühlender Gegenüber, den ich ernst nehmen kann und genau so lieben, wie er ist. Diese tage haben uns total verbunden.
Und dann fing er eben wieder an zu lügen. Wegen der kleinen Frage mit dem Chor...
Ich habe nun 2 Fragen, die mich beschäftigen. Vielleicht kann mir jemand von euch etwas dazu sagen.
1. Dass mein Mann seinen Alltag und sein komplettes Leben so total vernachlässigt hat - kann das mit den Pornos zusammenhängen? Also der Gedanke daran, wann er das wieder tun kann, und wie er es verheimlichen kann? Dass ihn das so blockiert, dass er deswegen nicht mehr mit zu Freunden gegangen ist, mich allein die Wohnung hat renovieren lassen, keine Hobbies hatte, sich nicht um Arbeit oder den haushalt gekümmert hat usw.?
2. Welche Art von Therapie oder Beratung würdet ihr empfehlen? Wir stehen da völlig ratlos da. Wichtig zu erwähnen wäre, dass wir sehr sehr wenig Geld zum Leben haben und auf Krankenkassenkostenübernahme angewiesen sind. Sexualtherapeuten sind offenbar aber immer privat zu bezahlen.
Auch suchen wir jemanden, der sich mit Pornosucht oder Sexsucht auskennt und das nicht als "normalen bestandteil des menschlichen Lebens" abtut. Ich hab es selbst erlebt und finde es das Schlimmste und Peinlichste, was ich je getan habe. Und mit diesem Thema muss man sensibel umgehen.
Ich danke euch fürs lesen, fürs Verständnis und für eure Kommentare!
Lieben Gruß
Aigner
momentan bin ich total fertig mit der Welt.
Es ist für mich eine Hürde, einen Therapeuten, eine Selbsthilfegruppe o. ä. zu finden, da sich bei mir alles dreht... fürchte auch, dass einen nicht alle Ärzte und Berater ernst nehmen und fühle mich überfordert und einsam. Daher wende ich mich mit meiner Situation vertrauensvoll an euch und bitte euch, mich durch eure Meinungen und Erfahrungen zum Problem zu unterstützen.
Also: ich wurde vor längeren Jahren pornosüchtig. Mithilfe einer Therapie (ich befand mich damals zufällig schon in einer Psychotherapie, wo ich das Thema gut mit zur Sprache bringen konnte), Literatur und persönlicher Unterstützung schaffte ich es nach vielen vergeblichen versuchen, trocken zu werden. das war so vor 7 Jahren.
Damals hatte ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Für ihr war ich bereit, alles zu tun, da ich ihn sehr liebte und er für mich ein ganz besonderer Mensch war (und das ist immer noch so). Ich erzählte meinem Mann (damals noch mein Freund) von meiner Pornosucht und dem Kampf damit sehr detailliert, da ich dies vor einer Ehe zur Sprache gebracht haben wollte. Auf meine Frage hin, ob er was mit Pornos am Hut habe, verneinte er dies völlig. Ich war ganz erleichtert, da ich das Thema Porno als Süchtige auch nicht gern in meinem Leben haben wollte. Seine Antwort erschien mir auch glaubwürdig, da er einmal wirklich aus Hinterwäldlingen in einem fernen Land kam und andererseits auf einen Außenstehenden unbedingt wie ein völlig reiner, purer, unschuldiger Mensch wirkte.
Wir heirateten vor 4 Jahren. Vor der Ehe war sexuelle Interaktion immer von mir ausgegangen. Er war noch so unschuldig, dass er meist zu schüchtern war, damit anzufangen. Der Sex war aber immer toll. In der Ehe bemerkte ich dann nach und nach, dass er sich ganz seltsam verhielt.
Er übernahm in absolut keinem Bereich unseres Lebens Verantwortung, zeigte keinerlei Interesse an irgendetwas, egal was - ob Haushalt, Familienplanung, Umzug, Geld, Arbeit, Hobbies, Freunde, Romantik, Reisen - oder Sex. Alles blieb an mir hängen.
Dazu verhielt er sich völlig infantil (Selbstmitleid, Regridierung, Konfliktunfähigkeit, Rechtfertigung, Schwarzweißdenken usw.), so dass man mit ihm auch nicht darüber reden konnte bzw. sich danach nichts änderte. Es war auch egal, ob ich liebevoll, wütend oder resigniert, abwartend oder drängend war. In vier jahren hab ich alles versucht. Sex hatten wir - wenn ich es mal schaffte, ihn zu verführen - alle Viertel- oder halbe Jahre einmal. Das war auch jedesmal total schön, aber es folgte nie weiterer Sex. So, als wäre nichts passiert. Ich ging durch verschiedene Phasen der Verzweiflung und vergaß total, wie es sich anfühlt, ihn zu lieben. Es war, als wäre er nicht anwesend. Ich fragte ihn immer: "In welcher Welt hältst Du Dich innerlich auf? es ist, als ob Du Dich einkapselst vor mir!"
Vor einer Woche habe ich die antwort auf diese Frage bekommen. Ich suchte im Internetverlauf ein Rezept, und da sah ich, dass in seiner Fremdsprache Pornoseiten aufgerufen worden waren. Es war keine Werbung, sondern es handelte sich um konkrete Videos, Seiten mit Videoauswahl usw. Es war eindeutig, dass er regelmäßig - mit Verheimlichungstaktik - Pornos geschaut hatte - immer, wenn ich gerade mal schnell einkaufen oder außer Haus gewesen war. Was mich daran so schockte, waren nicht nur die Pornos, sondern, dass er mich seit 7 jahren belogen hatte.
Ich rief ihn an und bat ihn verfrüht von der Arbeit nach Hause. ganz ruhig. Er kam auch, und ich bat ihn, sich zu setzen und mit mir zu reden. Ich fragte: "Möchtest Du mir vielleicht etwas sagen?" - Antwort: Nein. Ich: "In Hinblick darauf, dass wir keinen Sex haben - möchtest Du mir da vielleicht etwas sagen?" Antwort: Nein. Ich zeigte ihm daraufhin, was ich gefunden hatte. Antwort von ihm: Ich klicke so was nicht an. Niemals!
Die Sachlage sprach absolut gegen ihn, aber er stritt es ab und hätte es bis zum Jüngsten Tag abgestritten.
Ich habe jedoch etwas Erfahrungen mit Süchtigen aller Art (leider) inklusive mir selbst! Daher brachte ich ihn dann doch dazu, offener und ehrlicher zu sein.
Er gab dann zu, dass er regelmäßig Pornos anschaut, und das schon seit Jahren - es hatte angefangen, lange, bevor er mich kannte. Wir waren also mit einer fetten Lüge in die Ehe gegangen. Das verletzte mich total! Überhaupt, dass er log. Als ob er mir nicht vertrauen könnte - ich weiß ja selbst, wie das ist, und ich habe ihm nichts verheimlicht!
Er erzählte mir auch, dass er damit Stress, Spannungen und negative Gefühle bekämpfe. Dass er viele Male versucht hätte, mit dem Pornokonsum aufzuhören, da es seinen Prinzipien (Ehe, Treue usw.) widerspreche, aber dass er immer wieder habe anfangen müssen. Dass er sich nicht mal darüber im Klaren wäre, was für Gefühle er genau unterdrücke - das sei immer nur so verschwommen wahrnehmbar für ihn. Und dass er sich gedanklich auch damit beschäftige, wenn er gerade keinen Porno schauen könne (weil ich zuhause bin).
Das alles hat mich alarmiert, denn das klingt stark nach einer Abhängigkeit. Das Lügen, das Verheimlichen, das Nichtaufhörenkönnen - und das Desinteresse an seinem restlichen Leben, das er absolut nicht auf die Reihe bekommt!
Ich habe auch gespürt, dass er mir nicht die ganze Wahrheit sagt. Denn er hat sich wirklich seltsam verhalten. Ist immer ausgewichen und hat sich verteidigt, obwohl ich ihn nicht angegriffen habe.
Beispiel: Ich frage ihn: "Oh, aber so oft bin ich doch gar nicht außer Haus. War das etwa immer am Donnerstag, wenn ich zum Chor gegangen bin?" Er, anstatt zu sagen Ja oder Nein, stellte sich erst doof: "Hm, Chor? Ich weiß nicht, wie meinst Du das?" Ich wies ihn darauf hin, dass er dieses Spielchen lassen solle. Er habe nichts zu befürchten, aber es wäre nett, wenn er es mir sagte. Daraufhin sagte er ständig Sachen wie: "Aber ich saß dann nicht die ganzen zwei Stunden so vorm PC!" Ich: Das habe ich doch auch gar nicht wissen wollen!" Er: "Doch, es kommt so rüber, wenn Du mich fragst! Aber das hab ich nicht gemacht! Wirklich nicht!" Ich :"Warum verteidigst Du Dich? Das habe ich nicht gefragt. Ich habe nur gefragt, ob es während des Chors war!" Er suchte weiter Ausflüchte usw., nur um nicht sagen zu müssen "Ja, am Donnerstag, wenn Du beim Chor warst." Dabei hat er unfreiwillig die Aufmerksamkeit auf andere Aspekte gelenkt - z. B. denke ich dann ja durchaus, dass er die gesamten zwei Stunden meiner Abwesenheit genutzt hat anstatt nur weniger Minuten. Als er also so weitermachte, sagte ich: "Okay, wenn Du darüber reden willst, dann sag mir doch, wie lang Du dann vorm PC saßt, wenn nicht zwei Stunden." Darauf konnte er auch nicht antworten und druckste total herum. Schließlich sagte er, 10m min. Das zweifelte ich an, woraufhin er von "maximal 30 min" sprach. Ich bat ihn, mich nicht weiter anzulügen, eine ehrliche Zahl zu nennen und dann einfach mit mir abzuwaschen und ins Bett zu gehen. Da meinte er völlig entnervt, dass es 40 min gewesen seien, maximal. Ich spürte aber einfach, wie er log, denn dazu hat er kein talent - Verheimlichen ja, aber Lügen nein. Er schafft es nicht einmal, über eine Geburtstagsüberraschung zu lügen.
Wir saßen dann auf dem Bett, ich hielt seine Hand, erzählte ihm nochmal von meiner Sucht, und dass das Schlimmste für mich wäre, wenn er mich anlüge. Ob 10 oder 100 min oder 20 Stunden - das spiele doch auch keine Rolle. Und ich habe ihn bisher nicht verachtet (und halte mich nicht für etwas Besseres!) und liebe ihn immer noch genauso. Ich würde ihn aber bitten, mir jetzt einmal die Wahrheit zu sagen. Er bekam Tränen der Rührung in den Augen, wurde rot, wand sich und fragte schließlich mit Zittern: "Kann ich Dir einen Durchschnittswert sagen, oder muss es ein Maximalwert sein?" Ich, völlig überrascht und auch gerührt, drückte seine Hand und sagte: "Nun doch mal heraus mit dem Maximalwert!" Er stand kurz davor, ehrlich zu sein, denn er litt unter der Peinlichkeit dessen, was er sagen wollte, und ich fühlte mit - und dann sprach er. Und sagte: "10 Minuten!" Natürlich war das völlig unlogisch, sich wegen kleiner 10 min so zu schämen und zu winden - wenn er zuvor schon von 40 min gesprochen hatte. Er log eindeutig - und tat einfach alles, damit ich ihm das abkaufte: bemitleidete sich selbst, schrie weinend herum, schwor Stein und Bein, dass er mich liebe usw. Ich sagte ihm einfach, dass ich ihm das leider nicht glaube. Dass ich nicht verstehen würde, dass er lüge. dass mich dieses Lügen verletzen würde. Dass ich ihn ja nicht ständig pikant ausfragen würde, ihn nicht verurteilt hätte, ihm nicht nachspioniere usw. und ihm einfach nur eine Frage gestellt hätte, auf die man wie immer reagieren kann - aber bitte nicht mit erneuten Lügen (was doch sinnlos ist, da ich die Hauptsache eh weiß).
Ich wollte im Nebenzimmer schlafen, sagte, dass wir morgen weiterreden könnten. Ich drohte nicht, war nicht hysterisch (das war er), sondern wollte nur meine Ruhe vor diesem Theaterstück. Es tat mir weh, wie wenig er mir vertraute. Wobei er sich für ein detail schämte - mit meinem vertrauen spekulierte, und dabei kannte er viel schlimmere details aus meinem Leben und sollte sich eher bemühen, mein Vertrauen wieder aufzubauen.
Er ließ mich aber nichts ins Nebenzimmer hinüber, bettelte und schrie und heulte. Nachts halb 3 endlich, als ich beruhigend auf ihn einredete und mich bemühte, dass wir uns dabei in die Augen sehen konnten (er sah immer verkampft und verschämt nach unten, als ob ich seine lehrerin sei), sagte er mir, dass er "maximal 75 min plus minus 5 min" vorm pc verbracht hätte.
Vorher hatte er mich 2 volle Stunden lang mit 10 min abspeisen wollen! Sein ganzes verhalten war so unlogisch, infantil, manipulativ - und voller Angst und Scham.
Ich kann nicht verstehen, dass er mich so massiv zu belügen versucht und mir sicher noch eine Menge verheimlicht. Nein, ich will nicht alles im Detail wissen. Aber es würde mich schon sehr interessieren, wie oft er ungefähr Pornos schaut - einfach, um für mich eine mögliche Abhängigkeit und die ganze Situation, in der ich auch leben muss, besser einschätzen zu können. Ist es einmal die Woche? 3mal am Tag? Vielleicht auch, wenn ich im bad bin (und nicht nur, wenn ich außer Haus bin). Sieht er sich extreme Dinge an oder nur Blümchensex? Hat er Phantasien, die wir vielleicht zusammen ausleben können? (Das würde ich liebend gern machen!) Aber mir ist klar, an eine solche direkte Frage ist gar nicht zu denken - er wird sich und mich wieder total lächerlich machen im Versuch, meiner Frage auszuweichen. Wird mit mir um Zahlen feilschen und denken, ich lasse mich total verschaukeln. Phantasien hat er natürlich "gar keine". Schade!!
Was ich daran so verletzend finde, möchte ich auch noch kurz schildern:
Nachdem er mir das vor einer Woche gebeichtet hatte, war ich erstmal völlig von der Rolle. Als mir klar wurde, dass er nur mit handfesten Beweisen und hartnäckigster Gesprächsführung etwas "zugibt", und auch nichts ändern zu wollen schien, hab ich mich für die Scheidung ausgesprochen. Hab einen Anwalt angerufen und hab sehr dabei gelitten. Hielt es aber für das geringere Übel in meinem Leben als einen lügenden Partner. Als mein Mann das mitgekriegt hat, tat es ihm alles furchtbar leid, und er sagte, dass er sich unmännlich fühle und nicht wisse, wer er selbst sei und immer denke, das kriegt er über die Pornos. Da hab ich ihn gefragt, ob er bereit wäre, eine therapie zu machen, um sich und seine Männlichkeit zu finden. Zu meiner Überraschung sagte er Ja. Und er täte das nicht für mich, sondern in erster Linie für sich. Zusätzlich wäre er aber bereit, mit mir zu einer Paartherapie, sexualberatung oder Selbsthilfegruppe zu gehen. das fand ich so klasse und so überraschend toll, dass ich ihm wieder vertrauen wollte, wenn auch mit Hinblick auf eine schwierige Genesungsphase unserer Ehe.
Und ich nahm ihn in den Arm, und so gingen wir zusammen zu Bett. das ist vor 6 tagen gewesen. Seitdem haben wir ziemlich oft miteinander geschlafen. Der Sex war unglaublich erfüllend und schön für uns beide - so etwas schönes habe ich in dieser Hinsicht noch nie erlebt. Und es war nicht nur Sex, sondern wir begannen im bett vor, beim oder nach dem Sex miteinander zu reden - über unsere Gefühle, Ängste, Sehnsüchte, Wünsche - und vor allem auch, wenn uns etwas beim Sex nicht gefallen hat. Meist waren das Momente, wo es zu sexuell zuging, wir uns also aus den Augen verloren hatten und nur noch geil waren und weniger persönlich. Er fing damit an, das anzusprechen! Ihn störte das! Er wünschte sich mehr Zärtlichkeit, Nähe und "Blümchensex". Wir kamen uns auf diese weise emotional sehr nahe, und ich hatte seit vielen Jahren das Gefühl, dass mein Mann kein zurückgebliebener, emotional verkümmerter Dummling ist, sondern ein echter, ebenbürtiger, fühlender Gegenüber, den ich ernst nehmen kann und genau so lieben, wie er ist. Diese tage haben uns total verbunden.
Und dann fing er eben wieder an zu lügen. Wegen der kleinen Frage mit dem Chor...
Ich habe nun 2 Fragen, die mich beschäftigen. Vielleicht kann mir jemand von euch etwas dazu sagen.
1. Dass mein Mann seinen Alltag und sein komplettes Leben so total vernachlässigt hat - kann das mit den Pornos zusammenhängen? Also der Gedanke daran, wann er das wieder tun kann, und wie er es verheimlichen kann? Dass ihn das so blockiert, dass er deswegen nicht mehr mit zu Freunden gegangen ist, mich allein die Wohnung hat renovieren lassen, keine Hobbies hatte, sich nicht um Arbeit oder den haushalt gekümmert hat usw.?
2. Welche Art von Therapie oder Beratung würdet ihr empfehlen? Wir stehen da völlig ratlos da. Wichtig zu erwähnen wäre, dass wir sehr sehr wenig Geld zum Leben haben und auf Krankenkassenkostenübernahme angewiesen sind. Sexualtherapeuten sind offenbar aber immer privat zu bezahlen.
Auch suchen wir jemanden, der sich mit Pornosucht oder Sexsucht auskennt und das nicht als "normalen bestandteil des menschlichen Lebens" abtut. Ich hab es selbst erlebt und finde es das Schlimmste und Peinlichste, was ich je getan habe. Und mit diesem Thema muss man sensibel umgehen.
Ich danke euch fürs lesen, fürs Verständnis und für eure Kommentare!
Lieben Gruß
Aigner