Teil 13 Abend
Ich hab mir heute etwas Ruhe gegönnt. Das tat gut. Und eine kleine Erkenntnis am Abend: ich hab heute tatsächlich kein Verlangen zum Masturbieren gehabt. Und die Absicht erst recht nicht. Das ist das erste Mal seit langem.
Rekurrenz Teil 3 - Kuscheln
Jetzt geht es in die Vergangenheit. Es ist so in etwa 1997-98. Ich bin in der Grundschule. Eine Mutter eines Jungen aus der Klasse ist heute zu Besuch. Der Junge bekommt ein Geschwisterchen. Die Mutter soll uns davon berichten und zusammen mit der Lehrerin sprechen wir darüber, wie es ist, plötzlich nicht mehr das einzige Kind von Mama und Papa zu sein. Wird man jetzt vernachlässigt? Wird man vergessen? Bekommt man noch die notwendige Zuneigung?
Die Mutter erzählt, wie wichtig es ist, dem älteren Kind weiterhin Zuneigung zu schenken. Sie drückt dabei ihren älteren Sohn (also mein Klassenkamerad) an sich: "zum Beispiel weiter zu kuscheln". Fährt ihm dabei durch die Haare und drückt weiter.
Mein stutziges junges Ich schaut sich das ganze fragend an. Und fragt sich, ob so etwas normal ist? Gekuschelt zu werden? Dieses junge Ich guckt sich fragend um. Ob andere auch stutzig sind. Keine Auffälligkeiten.
Ja - ich wurde nie gekuschelt. Nicht von meinen Eltern. Nicht von meiner Schwester (jünger als Ich). Nicht von meinen Großeltern. Vielleicht als Baby? Zumindest niemals im Zeitraum meiner Erinnerungen. Auch nicht später irgendwann. Niemals.
Ich hatte kein schlechtes Verhältnis zu meinen Eltern. Aber so eine körperliche Nähe existierte einfach nicht. War mir fremd. Vorwürfe hatte ich auch nie. Auch jetzt nicht. Sie wurden wahrscheinlich auch nicht gekuschelt. Aber das weiß ich nicht.
Das erste Mal in meinem Leben, dass ich diese Nähe hatte, war bei meiner ersten Freundin. Es war mir damals auch etwas Fremd. Neu. Als wenn ich es lernen musste. Aber ich fand es ganz gut. Aber ich war auch noch jung. Hab nicht weiter darüber nachgedacht.
Ich war damals übrigens 17. Ich habe also 17 Jahre meines Lebens (zumindest den Teil meiner Erinnerungsfähigkeit) ohne körperlichen Kontakt zu anderen Menschen gelebt. Ich wurde nie angefasst. Und ich habe niemanden angefasst.
Diese Beziehung dauerte 6 Monate. Die nächste war dann mit 23. Also weitere 6 Jahre ohne körperlichen Kontakt. Zwischendurch gab es ein paar unverbindliche Kuss-Momente. Aber nie mehr. Keine richtigen Berührungen. Natürlich auch kein Sex. Den gab es mit der Freundin mit 17 auch nicht. Aber zumindest verschiedene Spielereien. Warum es keinen Sex gab? Weil ich schon damals keine 10 Sekunden meinen Ständer halten konnte. Dabei war ich damals jung und fit. Viel fitter als jetzt. Ich dachte einfach meine Freundin erregte mich nicht. Hab es nicht so sehr hinterfragt wie heute. Masturbiert hab ich natürlich damals schon. Wahrscheinlich Täglich.
Aber zurück zu den weiteren 6 Jahren. Da ist natürlich viel passiert. Schule abgeschlossen. Studium begonnen. Bachelor fast fertig. Master bereits parallel angefangen. Ein Kuss-Moment war allerdings anders. Der hat vieles verändert und diese 6 Jahre geprägt. Mehr dazu ein anderes Mal.
Achja. Und ein Auslandssemster. Ein Auslandssemster. In einem dauerhaft warmen Land. Mit vielen Beach-Partys. Vielen Hauspartys. Vielen Bikinis. Viel Tanz. Viel Alkohol. Eher viel viel zu viel Alkohol. Ich hab viel gefeiert. Und viel getrunken. Und dabei zugeguckt wie jeder um mich herum gevögelt hat. Von ca. 70 Leuten die wir dort waren aus verschiedensten Ländern sind bestimmt 50 in einer Beziehung gewesen (zu Hause). Und dennoch hat jeder gevögelt. Betrugsrate: nahezu 100%. Mir waren nur 2 Leute bekannt die ihren Partner nicht betrogen haben. Aber wie auch immer. Jedenfalls: ich war auch in keiner Beziehung. Perfektes Spielfeld? Joa. Ich hab mich aber zu den beiden Exoten (die ihren Partner nicht betrogen haben) eingereiht. Ich war also auch ein Exot. Die anderen zählten die Häufigkeit ihrer Betrüge. Und ich zählte die Liter Wein die ich getrunken habe. Ich hab wirklich zu viel getrunken damals. Haben dort aber alle.
Das Auslandssemester wird an anderer Stelle nochmal relevant. Aber so viel soll es erstmal dazu gewesen sein.
Mit 23 Jahren kam sie dann. Die erste Freundin mit der ich dann auch Sex hatte. Natürlich hat es da nicht direkt geklappt. Ich sagte ich hab wahrscheinlich irgendwelche körperlichen Probleme. War beim Urologen. Wurde getestet. Nichts. Alles top. Ich hab Sildenafil bekommen. Eine Packung die 5 Jahre gereicht hat am Ende (50 Pillen die man in 4 Teile teilen konnte). Als wenn man einem Kranken einfach Schmerzmittel gibt, statt ihn zu operieren. Und ihm noch so viele Schmerzmittel gibt, damit er bloß nicht so schnell wieder kommt. Verrückt. Nunja.
Mit der engeren Beziehung haben wir uns etwas körperlich kennengelernt und auch Methoden gefunden, mit denen der Sex geklappt hat. Die Methoden waren aber so starr, dass Variation kaum möglich war. Eigentlich war es immer das gleiche. Ich oben. Sie unten. Fertig. Ab und an mit der Hand. Oral gab es nicht. 5 Jahre der Beziehung nicht. Hab ich aber auch nicht gebraucht. Warum auch? Pornos haben mir ja ausreichend Kick gegeben. Kein Wunder das sie nach 5 Jahren unzufrieden mit dem Sex war. Ironischerweise war ich immer derjenige, der mehr Sex wollte. Aber den hab ich mir im Laufe der Beziehung selbst geholt. Mit mir selbst. Zu Beginn in den ersten 2,5 Jahren sogar noch unregelmäßig. Wie vor der Beziehung in den 6 Jahren. Seltener als Teenager sogar. Vielleicht 5 mal die Woche. Ich weiß - klingt nicht wenig.
Im dritten Jahr der Beziehung sind wir dann zusammen gezogen. Dann gings erstmal bergauf. Mein erster Job. Tolle Freundin. Eigene Wohnung. Weg von Eltern. Alles war super. Für etwa 6 Monate. Dann war ich im Job unzufrieden. Dann kam Trennung von Eltern (siehe meine Beiträge vom letzten Jahr). Aber kurz zurück: Warum waren die 6 Monate super? Was war da anders? Darauf komme ich noch zurück.
Kuscheln. In dieser Beziehung gab es auch Kuscheln. Ich mochte es zu kuscheln. Sie auch. Etwas. Ich mochte es mehr. Und gab es auch zu. Sie vor anderen nicht. Ein Freund von mir mal zu ihr: "Bist du auch so kuschelbedürftig?" (wie seine Freundin). Spaßig gemeint. Während er mit seiner Freundin intensiv auf dem Sofa kuschelte. Liebevoll - nicht erotisch oder so. Sie reagiert genervt auf diese Frage.
In meiner jetzigen Beziehung ist es anders. Sie liebt kuscheln genauso wie ich. Gibt es auch zu. Das macht wirklich spaß und ist super. Ich grinse etwas während ich das schreibe.
Worauf will ich hinaus? Es gab in der 5 jährigen Beziehung mit meiner Ex-Freundin einen Moment der es am Besten beschreibt. Wir haben gekuschelt und ich fing sie irgendwann an erotisch anzufassen. Ehrlichgesagt. So wie jedes mal wenn wir kuschelten. Sie erklärte mir dann, dass sie nur kuscheln will. Und kuscheln für sie nicht immer erotisch ist. Nur weil wir uns kuscheln und sogar streichen, sie nicht an Sex denkt. Ich dachte sie spinnt. Zumal sie auch gern an den Brüsten gestreichelt wurde.
Was ich aber in meiner jetzigen Beziehung gelernt habe: das ist nicht sooooo verrückt. Ist ja auch irgendwo klar. Die haben ja auch mit ihren Eltern gekuschelt. Mit ihren Geschwistern. Mit ihren Großeltern. Da haben die natürlich nicht an Erotik gedacht. Zuneigung natürlich. Aber doch sicher kein Sex. Kuscheln und Nähe. Zuneingung. Das ist nicht zwangsläufig verbunden mit Erotik und Sex. Ein Gedanke, der mir erst vor wenigen Tagen gekommen ist.
Das Problem ist, bei mir ist das anders. Ich empfinde jeglichen Körperkontakt zu einem Menschen als erotisch und bzw. denke dabei ein Erotik. An Sex. Ich wollte sogar nie Kumpels umarmen oder so. Ich hatte nie diese Abgrenzung, dass diese Nähe auch im anderen Kontext möglich ist. Sogar schön sein kann. Ich kann bis heute nicht daran denken meine Familie zu kuscheln. Das wäre ja pervers. Der Gedanke klingt bestimmt für viele verrückt. Aber meine Gedanken sind nunmal so. Ich weiß inzwischen das dieser Gedanke auf Erfahrungen basiert. Und in seiner Basis falsch ist. Er ist richtig in meiner Erfahrungswelt. Aber meiner Erfahrungswelt fehlt eben dieser Teil, der diesen Gedanken umformulieren müsste.
Ich möchte meinen Kindern mal genau diese Zuneigung schenken. Sage ich immer. Ob ich das dann auch könnte? Das Frage ich mich momentan. Zumindest ist es hilfreich, dass ich mich gerade damit auseinandersetze.
Wie gehts weiter mit dieser Erkenntnis und diesem Rückblick? Ich weiß es noch nicht. Soll ich versuchen eine familiäre Nähe aufzubauen? Kann ich das überhaupt? Das weiß ich noch nicht. Noch nicht.
Ich merke gerade, dass meine Kapitel zur Vergangenheit etwas länger dauern werden. Aber diese sind wichtig. Für das große Ganze. Zur Freisetzung der tiefen Überzeugungen. Und dem Ursprung dieser Überzeugungen. Damit ich diese Überzeugungen verändern kann. Korrigieren kann. Und ein zufriedenes Leben führen kann. Ohne ständigen Durst.
@Thunder
Zunächst Danke für deine Impulse und dein Feedback!
Die Betrachtung des Dopamins ist tatsächlich sehr relevant. Und es erklärt vieles. Und macht auch Mut, denn wir wissen, dass unsere Rezeptoren an den Nerven sich zurückbilden können. Weniger Rezeptoren führen bei gleichem Reiz zu einem größerem Empfinden. Daher kommt ja auch das Reboot Prinzip. Das strebe ich auch an.
Aber es bleibt eine Sucht. Eine Sucht nach Dopamin. Ich glaube inzwischen allerdings nicht, dass es diese Sucht nach Dopamin ist, die mich immer wieder hierhin zurückbringt. Nicht ausschließlich. Aber unabhängig davon welche Sucht es ist. Alle Süchte haben eines gemeinsam. Zumindest wenn sie manifestierte, nicht ausschließlich körperliche Süchte sind. Ich habe hier ein Buch liegen das ich gerade extra herausgekramt habe. Mir fiel ein dort etwas passendes gelesen zu haben. Dort steht:
Problem: Süchte
Wahrscheinliche Ursache: Von sich selbst davonlaufen. Angst. Sich nicht lieben zu wissen.
Das entspricht so ziemlich meinem zentralen Ansatz. Den Ursachen auf die Spur zu kommen. Wovor habe ich Angst? Wovor laufe ich davon? Warum kann ich mich nicht lieben oder warum bin ich nicht zufrieden. Zufriedenheit ist der Schlüssel von allem.
Die Lösung für mich hört also nicht auf bei: Suchtfrei von Dopamin.
Sondern geht noch weiter: Warum bin ich nach Dopamin süchtig (geworden)?
(oder jeder anderen Sucht)
Und dieses "Warum" erfordert meine Umfangreiche Aufarbeitung auf der Spur der Ursachen. Alles muss durchleuchtet werden. Alles muss verknüpft werden.
Sehr geholfen hat mir dein Feedback zu der Frage "Wann habe ich Lust?". Ich werde diese Gedanken auf jeden Fall einfließen lassen!
Das wird in jedem Fall eine der schwersten Fragen sein. Denn ich hatte nie ein anderes Empfinden als den Durst. Vielleicht ist die Antwort auf die Frage auch Ziel.
Bis demnächst
Patchi