Hallo Forum,
nach über zweijähriger Abstinenz habe ich mich entschieden, mein angefangenes Tagebuch wieder mit Leben zu füllen.
Nachdem mein erster Versuch so lala funktioniert hat, kam die Erkenntnis, dass diese ominösen 90 Tage nicht das Problem an sich lösen. Trotz dessen war es ein Anfang, das Sucht halbwegs in den Griff zu bekommen.
Was ist in den zweieinhalb Jahren passiert?
Vorneweg muss ich sagen, dass ich in Vollzeit berufstätig und verheiratet bin und mittlerweile zwei Kinder habe. Die Gelegenheit, mich zuhause einfach ein paar Stunden vor den Rechner zu setzen und die Pornos über mich ergehen zu lassen, gab es eigentlich nie. In den letzten 5 Jahren gab es nur eine handvoll Tage, an denen ich abends und über Nacht gänzlich allein war. Aus diesen Gründen bringe ich schon nicht die Voraussetzungen mit, ein typischer Porno-Junkie zu sein.
Zu Beginn des Jahres 2016 hatte ich mich entschieden, den Reboot durchzuführen und habe mich, um mich selber unter Druck zu setzen, zusätzlich meiner Frau offenbart. Nachdem die 90 Tage mehr oder minder geschafft waren, merkte ich, dass die Sehnsucht nach Pornos nicht abgeklungen war. Jedoch das Verhältnis zu diesen und der Umgang mit der Sucht hatte sich grundlegend geändert.
Ich habe während und nach dem Reboot-Versuch viele Dinge über Pornographie gelesen und habe zum ersten Mal überhaupt verstanden, welches unmenschliches Geschäft die Pornobranche eigentlich ist und, wenn man es streng nimmt, die Produzenten nichts weiter als Drogendealer sind. Natürlich, und so ist das bei jeder Lobby - und die Porno-Lobby wird immer größer - werden Artikel geschaltet, die die Suchtgefahr von der Hand weisen.
Für mich war das schon ein Denkanstoss. Bevor ich den Moralapostel mime: Wenn ich mir Pornos angeschaut habe, waren mir das Schicksal der Mädels aber egal.
Der zweite Punkt war, dass ich mich in der Anfangszeit nach meinem ersten Reboot, wenn ich Pornos geschaut und dazu masturbiert habe, hinterher vor mir selbst geekelt habe. Ich habe mir vorgestellt, wie ich vor dem Handy hänge (Laptop ist gut geschützt, das Passwort für Kaspersky kennt nur meine Frau) und eine absolut jämmerliche Figur abgebe. Ich bin dann nach dem Konsum so in mich zusammen gesackt, dass ich körperlich und geistig vollkommen fertig war. Ich habe gemerkt, dass mich das alles kaputt macht.
Diese Punkte habe dazu geführt, dass ich seit ca. Anfang 2018 einen sehr eingeschränkten Pornokonsum genoss. Meist war das einmal am Wochenende nachts. Da ich nur mein relativ kleines Smartphone hierfür zur Verfügung hatte, war dies auch nicht unbedingt prickelnd. Auch ging es mir nicht vorrangig um den Orgasmus, sondern vielmehr um zu sehen, was es Neues gibt. Diese Neugier war viel größer als der Kick des Orgasmuses an sich. Leider konnte ich nicht komplett aufhören, der Reiz war jedes mal (wenn auch sehr durch mich kontrolliert) sehr groß. Hinzu kam, dass meine Frau, die ohnehin sexuell nicht die Aktivste ist, aufgrund der Schwangerschaft noch weniger Lust hatte und wir in 2018 lediglich 4 mal miteinander geschlafen haben. Aber anders als zu meiner Hochphase der Sucht, würde ich ihr dies nie zum Vorwurf machen.
Ende September 2018 habe ich die Geburt meiner zweiten Tochter zum Anlass genommen, einen weiteren Versuch zu starten. Diesesmal nicht mit dem Ziel, nur den Konsum zu beenden, sondern auch die Lehren für mein Leben daraus zu ziehen und allgemein Dinge in meinem Umfeld und mein Verhalten zu ändern.
Heute befinde ich mich an Tag 46. Bisher gab es absolut keine Pornos. Masturbiert habe ich in dieser Zeit 4 mal. Schnell und mit wenig Kopfkino.
Gestern hatte ich eigentlich den Druck, wieder masturbieren zu müssen. Glücklicherweise bin ich dann aber auf Youtube auf die Videos von Michael Pretzl gestossen. Dieser fabriziert NoFap. Die dort aufgezeigten Vorteile des totalen Verzichts haben mich dazu bewegt, den NoFap anzugehen. Ob dies machbar ist, wird sich zeigen. Ich kann seine Videos aber auf jeden Fall wärmstens empfehlen. Zumal, wie ich soeben herausgefunden habe, sich die Enthaltsamkeit sogar auf das Haarwachstum auswirken kann. Das sind doch für fast alle Männer tolle Neuigkeiten.
Zusammenfassend haben mir nachfolgende Dinge geholfen, einen weiteren Versuch zu starten und diesen bisher gut zu bestehen:
1. Die Abkehr vom Glauben, dass Sex und PMO das A und O im Leben und einer Beziehung sind. Sex und PMO sind maßlos überschätzt.
2. Das Wissen, was Verzicht mit dem Gehirn anstellt und die Vorfreude, diese positiven Veränderungen zu spüren.
3. Kleine Gadgets: Zum einen die angesprochenen Videos von
Michael Pretzl, zum anderen die
App "Reboot". Diese wird zwar nach einigen Wochen kostenpflichtig, aber ich habe sie dann einfach neu installiert.
Ich weiß nicht, ob ich nie wieder Pornos schaue, ob ich nie wieder masturbiere. Die Gefahr besteht natürlich. Aber ich weiss auch, dass ich gewappnet bin, sollte es zu einem Rückfall kommen. Und ich kann nur jedem raten, der einen Rückfall erleidet und frustriert ist: Macht weiter, gebt nicht auf. Die Phase der Selbstreflexion wird einsetzen und jeder Tag ohne Porno ist ein kleiner Sieg.
Ich hoffe, dass Forum füllt sich wieder mit leben. Ich werde mich gerne daran beteiligen.
PS.: In meiner Euphorie habe ich jetzt meine Gedanken einfach herunter geschrieben, wie sie mir in den Sinn kamen. Sorry, falls einiges nicht so ganz geordnet und logisch klingt.