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Ich bin pornosüchtig - und jetzt mein Mann...
#1
Hallo liebes Forum,

momentan bin ich total fertig mit der Welt.
Es ist für mich eine Hürde, einen Therapeuten, eine Selbsthilfegruppe o. ä. zu finden, da sich bei mir alles dreht... fürchte auch, dass einen nicht alle Ärzte und Berater ernst nehmen und fühle mich überfordert und einsam. Daher wende ich mich mit meiner Situation vertrauensvoll an euch und bitte euch, mich durch eure Meinungen und Erfahrungen zum Problem zu unterstützen.

Also: ich wurde vor längeren Jahren pornosüchtig. Mithilfe einer Therapie (ich befand mich damals zufällig schon in einer Psychotherapie, wo ich das Thema gut mit zur Sprache bringen konnte), Literatur und persönlicher Unterstützung schaffte ich es nach vielen vergeblichen versuchen, trocken zu werden. das war so vor 7 Jahren.

Damals hatte ich meinen jetzigen Mann kennengelernt. Für ihr war ich bereit, alles zu tun, da ich ihn sehr liebte und er für mich ein ganz besonderer Mensch war (und das ist immer noch so). Ich erzählte meinem Mann (damals noch mein Freund) von meiner Pornosucht und dem Kampf damit sehr detailliert, da ich dies vor einer Ehe zur Sprache gebracht haben wollte. Auf meine Frage hin, ob er was mit Pornos am Hut habe, verneinte er dies völlig. Ich war ganz erleichtert, da ich das Thema Porno als Süchtige auch nicht gern in meinem Leben haben wollte. Seine Antwort erschien mir auch glaubwürdig, da er einmal wirklich aus Hinterwäldlingen in einem fernen Land kam und andererseits auf einen Außenstehenden unbedingt wie ein völlig reiner, purer, unschuldiger Mensch wirkte.

Wir heirateten vor 4 Jahren. Vor der Ehe war sexuelle Interaktion immer von mir ausgegangen. Er war noch so unschuldig, dass er meist zu schüchtern war, damit anzufangen. Der Sex war aber immer toll. In der Ehe bemerkte ich dann nach und nach, dass er sich ganz seltsam verhielt.
Er übernahm in absolut keinem Bereich unseres Lebens Verantwortung, zeigte keinerlei Interesse an irgendetwas, egal was - ob Haushalt, Familienplanung, Umzug, Geld, Arbeit, Hobbies, Freunde, Romantik, Reisen - oder Sex. Alles blieb an mir hängen.
Dazu verhielt er sich völlig infantil (Selbstmitleid, Regridierung, Konfliktunfähigkeit, Rechtfertigung, Schwarzweißdenken usw.), so dass man mit ihm auch nicht darüber reden konnte bzw. sich danach nichts änderte. Es war auch egal, ob ich liebevoll, wütend oder resigniert, abwartend oder drängend war. In vier jahren hab ich alles versucht. Sex hatten wir - wenn ich es mal schaffte, ihn zu verführen - alle Viertel- oder halbe Jahre einmal. Das war auch jedesmal total schön, aber es folgte nie weiterer Sex. So, als wäre nichts passiert. Ich ging durch verschiedene Phasen der Verzweiflung und vergaß total, wie es sich anfühlt, ihn zu lieben. Es war, als wäre er nicht anwesend. Ich fragte ihn immer: "In welcher Welt hältst Du Dich innerlich auf? es ist, als ob Du Dich einkapselst vor mir!"

Vor einer Woche habe ich die antwort auf diese Frage bekommen. Ich suchte im Internetverlauf ein Rezept, und da sah ich, dass in seiner Fremdsprache Pornoseiten aufgerufen worden waren. Es war keine Werbung, sondern es handelte sich um konkrete Videos, Seiten mit Videoauswahl usw. Es war eindeutig, dass er regelmäßig - mit Verheimlichungstaktik - Pornos geschaut hatte - immer, wenn ich gerade mal schnell einkaufen oder außer Haus gewesen war. Was mich daran so schockte, waren nicht nur die Pornos, sondern, dass er mich seit 7 jahren belogen hatte.

Ich rief ihn an und bat ihn verfrüht von der Arbeit nach Hause. ganz ruhig. Er kam auch, und ich bat ihn, sich zu setzen und mit mir zu reden. Ich fragte: "Möchtest Du mir vielleicht etwas sagen?" - Antwort: Nein. Ich: "In Hinblick darauf, dass wir keinen Sex haben - möchtest Du mir da vielleicht etwas sagen?" Antwort: Nein. Ich zeigte ihm daraufhin, was ich gefunden hatte. Antwort von ihm: Ich klicke so was nicht an. Niemals!
Die Sachlage sprach absolut gegen ihn, aber er stritt es ab und hätte es bis zum Jüngsten Tag abgestritten.
Ich habe jedoch etwas Erfahrungen mit Süchtigen aller Art (leider) inklusive mir selbst! Daher brachte ich ihn dann doch dazu, offener und ehrlicher zu sein.

Er gab dann zu, dass er regelmäßig Pornos anschaut, und das schon seit Jahren - es hatte angefangen, lange, bevor er mich kannte. Wir waren also mit einer fetten Lüge in die Ehe gegangen. Das verletzte mich total! Überhaupt, dass er log. Als ob er mir nicht vertrauen könnte - ich weiß ja selbst, wie das ist, und ich habe ihm nichts verheimlicht!
Er erzählte mir auch, dass er damit Stress, Spannungen und negative Gefühle bekämpfe. Dass er viele Male versucht hätte, mit dem Pornokonsum aufzuhören, da es seinen Prinzipien (Ehe, Treue usw.) widerspreche, aber dass er immer wieder habe anfangen müssen. Dass er sich nicht mal darüber im Klaren wäre, was für Gefühle er genau unterdrücke - das sei immer nur so verschwommen wahrnehmbar für ihn. Und dass er sich gedanklich auch damit beschäftige, wenn er gerade keinen Porno schauen könne (weil ich zuhause bin).

Das alles hat mich alarmiert, denn das klingt stark nach einer Abhängigkeit. Das Lügen, das Verheimlichen, das Nichtaufhörenkönnen - und das Desinteresse an seinem restlichen Leben, das er absolut nicht auf die Reihe bekommt!

Ich habe auch gespürt, dass er mir nicht die ganze Wahrheit sagt. Denn er hat sich wirklich seltsam verhalten. Ist immer ausgewichen und hat sich verteidigt, obwohl ich ihn nicht angegriffen habe.
Beispiel: Ich frage ihn: "Oh, aber so oft bin ich doch gar nicht außer Haus. War das etwa immer am Donnerstag, wenn ich zum Chor gegangen bin?" Er, anstatt zu sagen Ja oder Nein, stellte sich erst doof: "Hm, Chor? Ich weiß nicht, wie meinst Du das?" Ich wies ihn darauf hin, dass er dieses Spielchen lassen solle. Er habe nichts zu befürchten, aber es wäre nett, wenn er es mir sagte. Daraufhin sagte er ständig Sachen wie: "Aber ich saß dann nicht die ganzen zwei Stunden so vorm PC!" Ich: Das habe ich doch auch gar nicht wissen wollen!" Er: "Doch, es kommt so rüber, wenn Du mich fragst! Aber das hab ich nicht gemacht! Wirklich nicht!" Ich :"Warum verteidigst Du Dich? Das habe ich nicht gefragt. Ich habe nur gefragt, ob es während des Chors war!" Er suchte weiter Ausflüchte usw., nur um nicht sagen zu müssen "Ja, am Donnerstag, wenn Du beim Chor warst." Dabei hat er unfreiwillig die Aufmerksamkeit auf andere Aspekte gelenkt - z. B. denke ich dann ja durchaus, dass er die gesamten zwei Stunden meiner Abwesenheit genutzt hat anstatt nur weniger Minuten. Als er also so weitermachte, sagte ich: "Okay, wenn Du darüber reden willst, dann sag mir doch, wie lang Du dann vorm PC saßt, wenn nicht zwei Stunden." Darauf konnte er auch nicht antworten und druckste total herum. Schließlich sagte er, 10m min. Das zweifelte ich an, woraufhin er von "maximal 30 min" sprach. Ich bat ihn, mich nicht weiter anzulügen, eine ehrliche Zahl zu nennen und dann einfach mit mir abzuwaschen und ins Bett zu gehen. Da meinte er völlig entnervt, dass es 40 min gewesen seien, maximal. Ich spürte aber einfach, wie er log, denn dazu hat er kein talent - Verheimlichen ja, aber Lügen nein. Er schafft es nicht einmal, über eine Geburtstagsüberraschung zu lügen.

Wir saßen dann auf dem Bett, ich hielt seine Hand, erzählte ihm nochmal von meiner Sucht, und dass das Schlimmste für mich wäre, wenn er mich anlüge. Ob 10 oder 100 min oder 20 Stunden - das spiele doch auch keine Rolle. Und ich habe ihn bisher nicht verachtet (und halte mich nicht für etwas Besseres!) und liebe ihn immer noch genauso. Ich würde ihn aber bitten, mir jetzt einmal die Wahrheit zu sagen. Er bekam Tränen der Rührung in den Augen, wurde rot, wand sich und fragte schließlich mit Zittern: "Kann ich Dir einen Durchschnittswert sagen, oder muss es ein Maximalwert sein?" Ich, völlig überrascht und auch gerührt, drückte seine Hand und sagte: "Nun doch mal heraus mit dem Maximalwert!" Er stand kurz davor, ehrlich zu sein, denn er litt unter der Peinlichkeit dessen, was er sagen wollte, und ich fühlte mit - und dann sprach er. Und sagte: "10 Minuten!" Natürlich war das völlig unlogisch, sich wegen kleiner 10 min so zu schämen und zu winden - wenn er zuvor schon von 40 min gesprochen hatte. Er log eindeutig - und tat einfach alles, damit ich ihm das abkaufte: bemitleidete sich selbst, schrie weinend herum, schwor Stein und Bein, dass er mich liebe usw. Ich sagte ihm einfach, dass ich ihm das leider nicht glaube. Dass ich nicht verstehen würde, dass er lüge. dass mich dieses Lügen verletzen würde. Dass ich ihn ja nicht ständig pikant ausfragen würde, ihn nicht verurteilt hätte, ihm nicht nachspioniere usw. und ihm einfach nur eine Frage gestellt hätte, auf die man wie immer reagieren kann - aber bitte nicht mit erneuten Lügen (was doch sinnlos ist, da ich die Hauptsache eh weiß).
Ich wollte im Nebenzimmer schlafen, sagte, dass wir morgen weiterreden könnten. Ich drohte nicht, war nicht hysterisch (das war er), sondern wollte nur meine Ruhe vor diesem Theaterstück. Es tat mir weh, wie wenig er mir vertraute. Wobei er sich für ein detail schämte - mit meinem vertrauen spekulierte, und dabei kannte er viel schlimmere details aus meinem Leben und sollte sich eher bemühen, mein Vertrauen wieder aufzubauen.
Er ließ mich aber nichts ins Nebenzimmer hinüber, bettelte und schrie und heulte. Nachts halb 3 endlich, als ich beruhigend auf ihn einredete und mich bemühte, dass wir uns dabei in die Augen sehen konnten (er sah immer verkampft und verschämt nach unten, als ob ich seine lehrerin sei), sagte er mir, dass er "maximal 75 min plus minus 5 min" vorm pc verbracht hätte.
Vorher hatte er mich 2 volle Stunden lang mit 10 min abspeisen wollen! Sein ganzes verhalten war so unlogisch, infantil, manipulativ - und voller Angst und Scham.

Ich kann nicht verstehen, dass er mich so massiv zu belügen versucht und mir sicher noch eine Menge verheimlicht. Nein, ich will nicht alles im Detail wissen. Aber es würde mich schon sehr interessieren, wie oft er ungefähr Pornos schaut - einfach, um für mich eine mögliche Abhängigkeit und die ganze Situation, in der ich auch leben muss, besser einschätzen zu können. Ist es einmal die Woche? 3mal am Tag? Vielleicht auch, wenn ich im bad bin (und nicht nur, wenn ich außer Haus bin). Sieht er sich extreme Dinge an oder nur Blümchensex? Hat er Phantasien, die wir vielleicht zusammen ausleben können? (Das würde ich liebend gern machen!) Aber mir ist klar, an eine solche direkte Frage ist gar nicht zu denken - er wird sich und mich wieder total lächerlich machen im Versuch, meiner Frage auszuweichen. Wird mit mir um Zahlen feilschen und denken, ich lasse mich total verschaukeln. Phantasien hat er natürlich "gar keine". Schade!!

Was ich daran so verletzend finde, möchte ich auch noch kurz schildern:
Nachdem er mir das vor einer Woche gebeichtet hatte, war ich erstmal völlig von der Rolle. Als mir klar wurde, dass er nur mit handfesten Beweisen und hartnäckigster Gesprächsführung etwas "zugibt", und auch nichts ändern zu wollen schien, hab ich mich für die Scheidung ausgesprochen. Hab einen Anwalt angerufen und hab sehr dabei gelitten. Hielt es aber für das geringere Übel in meinem Leben als einen lügenden Partner. Als mein Mann das mitgekriegt hat, tat es ihm alles furchtbar leid, und er sagte, dass er sich unmännlich fühle und nicht wisse, wer er selbst sei und immer denke, das kriegt er über die Pornos. Da hab ich ihn gefragt, ob er bereit wäre, eine therapie zu machen, um sich und seine Männlichkeit zu finden. Zu meiner Überraschung sagte er Ja. Und er täte das nicht für mich, sondern in erster Linie für sich. Zusätzlich wäre er aber bereit, mit mir zu einer Paartherapie, sexualberatung oder Selbsthilfegruppe zu gehen. das fand ich so klasse und so überraschend toll, dass ich ihm wieder vertrauen wollte, wenn auch mit Hinblick auf eine schwierige Genesungsphase unserer Ehe.

Und ich nahm ihn in den Arm, und so gingen wir zusammen zu Bett. das ist vor 6 tagen gewesen. Seitdem haben wir ziemlich oft miteinander geschlafen. Der Sex war unglaublich erfüllend und schön für uns beide - so etwas schönes habe ich in dieser Hinsicht noch nie erlebt. Und es war nicht nur Sex, sondern wir begannen im bett vor, beim oder nach dem Sex miteinander zu reden - über unsere Gefühle, Ängste, Sehnsüchte, Wünsche - und vor allem auch, wenn uns etwas beim Sex nicht gefallen hat. Meist waren das Momente, wo es zu sexuell zuging, wir uns also aus den Augen verloren hatten und nur noch geil waren und weniger persönlich. Er fing damit an, das anzusprechen! Ihn störte das! Er wünschte sich mehr Zärtlichkeit, Nähe und "Blümchensex". Wir kamen uns auf diese weise emotional sehr nahe, und ich hatte seit vielen Jahren das Gefühl, dass mein Mann kein zurückgebliebener, emotional verkümmerter Dummling ist, sondern ein echter, ebenbürtiger, fühlender Gegenüber, den ich ernst nehmen kann und genau so lieben, wie er ist. Diese tage haben uns total verbunden.

Und dann fing er eben wieder an zu lügen. Wegen der kleinen Frage mit dem Chor...



Ich habe nun 2 Fragen, die mich beschäftigen. Vielleicht kann mir jemand von euch etwas dazu sagen.

1. Dass mein Mann seinen Alltag und sein komplettes Leben so total vernachlässigt hat - kann das mit den Pornos zusammenhängen? Also der Gedanke daran, wann er das wieder tun kann, und wie er es verheimlichen kann? Dass ihn das so blockiert, dass er deswegen nicht mehr mit zu Freunden gegangen ist, mich allein die Wohnung hat renovieren lassen, keine Hobbies hatte, sich nicht um Arbeit oder den haushalt gekümmert hat usw.?

2. Welche Art von Therapie oder Beratung würdet ihr empfehlen? Wir stehen da völlig ratlos da. Wichtig zu erwähnen wäre, dass wir sehr sehr wenig Geld zum Leben haben und auf Krankenkassenkostenübernahme angewiesen sind. Sexualtherapeuten sind offenbar aber immer privat zu bezahlen.
Auch suchen wir jemanden, der sich mit Pornosucht oder Sexsucht auskennt und das nicht als "normalen bestandteil des menschlichen Lebens" abtut. Ich hab es selbst erlebt und finde es das Schlimmste und Peinlichste, was ich je getan habe. Und mit diesem Thema muss man sensibel umgehen.

Ich danke euch fürs lesen, fürs Verständnis und für eure Kommentare!

Lieben Gruß

Aigner
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#2
Hallo Aigner,

willkommen im Forum!
Hab gerade nur wenig Zeit, möchte dir aber kurz antworten:

Das mit der Verantwortungslosigkeit kenne ich aus meinem eigenen Leben. Bin 36, war 19 Jahre in der Pornomaterie und bin seit 2 JAhren auf dem Weg in ein pornofreies selbstbestimmtes Leben. Verantwortung habe ich lange Jahre auf andere abgeschoben. Auch wenn es bei mir nicht ganz so schlimm war wie bei deinem Mann. Zumindest im Haushalt, Hobbys und Freunden hab ich mich engagiert. Beruflich nur das Notwendig getan, um meine Rechnungen zu bezahlen. Aber in vielen Bereichen ließ ich lieber andere bestimmen. Bequemlichkeit war für mich das Maß aller Dinge. Pornos gaben mir das Gefühl, alles zu haben. Langsam ändert sich das und ich entwickle mich weiter. Es ist, als würde ich aufwachen aus dem Porno-Schlaf.
Auch das Lügen kommt mir bekannt vor. Hab meine Ex-Freundin eine Zeit lang belogen. Konfliktscheue kenne ich auch.

Ich würde einen Sucht-Therapeuten empfehlen. Bin auch bei einem und habe das Gefühl, verstanden zu werden. Hatte davor 2 "normale" Therapeuten, mit denen ich nicht zurechtkam.

Soweit kurz von mir.
Alles Gute dir!

Gruß, eleasar
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#3
Lieber Eleasar,

ich danke Dir sehr für deine Antwort! Kurz, aber sehr hilfreich.
Ich fühle mich verstanden und nicht mehr allein mit dem Problem.

Ich werd mal schauen, wo es bei uns Suchttherapeuten gibt (hab davon noch nie gehört, werd mal rumfragen).

Dass Du implizit ausdrückst, dass du keinen Zweifel hast, dass mein Mann lügt und konfliktscheu und verantwortungslos ist, tröstet mich auch erst mal, auch wenn das absurd klingt. So kann ich meiner eigenen Wahrnehmung wieder besser trauen (ich merke jetzt, wo ich Deine Zeilen lese, dass die ja doch ins Wanken geraten war). Und muss so einen Hickhack-Streit nicht mehr so ernst nehmen bzw. zulassen. Ich hab verstanden: Das gehört dazu, das ist halt so, so ist er jetzt. Und sobald ich das weiß, akzeptier ich die Situation erst mal. Und kann ganz ruhig überlegen, wie ich damit umgehen möchte. Das macht mich halt beim Angelogen-Werden so fertig: Dass ich keine Infos darüber bekommen kann, was Sache ist, wie er wirklich ist, in welcher Situation wir da beide stecken. dann kann ich es ja weder akzeptieren noch etwas dagegen unternehmen.

Die Frage ist noch: In was für einem Stadium befindet sich mein Mann vielleicht? Ich kann ja, da er abblockt, das Ausmaß des Problems kaum abschätzen. Nach oben scheint es noch viel Luft zu geben, das ist sicher, und auch das, was ich schon gehört habe, deutet stark auf Sucht hin.

Was ich toll finde, ist, dass er eine Therapie machen will.
Was ich bedenklich finde, ist, dass er nichts darüber sagt, ob er findet, dass er süchtig ist, ein Problem hat usw.
Er hat mir nur gesagt, er wäre bereit, zu 80% damit aufzuhören (schon das zu schreiben, tut meinem Herzen und meinem Gehirn weh!) ...
Wie viel Sinn macht es denn, mit ihm in eine Ehebefratung zu gehen, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen oder eine Therapie zu machen, wenn er sich eventuell gar nicht süchtig findet?
Er sieht deutlich, dass er ein Problem mit seiner Männlichkeit und Identität hat. Das hat er von allein gesagt. Er ist ein sehr kluger, vielschichtiger und feinfühliger Mensch, der aber bisher nie (mit niemandem!) über seine Gefühle geredet hat. In seiner Familie war das nicht üblich, mit Freunden hat er das nie gemacht, und vor mir hatte er nur eine kurze nichtssagende Beziehung. Nun komme ich "plötzlich" daher (immerhin kennt er mich und meine Offenheit 8 Jahre) und erwarte volles Gefühls- und Seelenkino, intime Bekenntnisse und geistige sowie körperliche Verschmelzung. Er ist glaube ich ziemlich überfordert damit. Er findet es sehr schön, und in gewissen Momenten scheint er regelrecht aufzublühen, wenn er was von sich preisgibt, aber er braucht entweder sein eigenes Tempo - oder lügt sich und mir damit schon wieder in die Tasche.

Ich hätte es z. b. nett gefunden, wenn er sich einfach mal mit mir hinsetzt und aus dem Nähkästchen plaudert - also was, wo, warum und wie er das so macht, wie er sich dabei fühlt, und was das (nicht) mit uns zu tun hat, ob er das ganze als Problem empfindet und warum, und was er jetzt zu tun gedenkt. Stattdessen flüchtet er bei der ersten konkreten Frage in die Ecke und schaut zitternd und wimmernd zu Boden. So gewinnt er auch schlecht mein Vertrauen zurück.

Das Thema Sucht kennt er auch nur aus meinen Erzählungen. Sich damit zu identifizieren wäre für ihr wohl das Letzte und Schrecklichste. Vermute ich! Immer, wenn ich ihm da von mir erzähle oder von dem, was ich mir angelesen habe, hört er interessiert zu, sagt aber nichts dazu, gar nichts.

Wäre er also - mit ziemlich eindeutigem und ausgewachsenem Suchtproblem, aber eventuell ohne die richtige Portion Selbsterkenntnis - bei einem Suchttherapeuten richtig?

Ich weiß nur, dass ich das Leben so weiter nicht aushalte mit ihm. Ich möchte mich in Zukunft nicht fragen, wenn ich aus dem Haus gehe, was er jetzt treibt, und was er mir vorspielen wird, wenn ich zurückkomme. Ich möchte einen echten Mann, auf den ich mich verlassen kann, und würde mich sonst trennen wollen.
Ich fürchte, seine Präferenz geht dahin, mich zu bestätigen und Verständnis vorzuspielen, um meinen service genießen zu können, während er hinter meinem Rücken weitermacht und nicht wirklich was gegen das Problem tut. So ist es zumindest bis jetzt immer mit allen anderen problem gelaufen! Zuhören, verständnisvoll nicken und aussitzen, bis ich das Prblem hoffentlich "vergessen" habe oder einfach aufgebe. Ich hab vor 3 jahren unsere Wohnung komplett renoviert, danach bat ich ihn, noch die decke der Küche zu streichen, da ich Höhenangst habe. Ich hab ihn wöchentlich gebeten, Unterstützung angeboten, farbe gekauft... er sagt nicht mnal was dazu! Und streicht die decke seit 3 jahren nicht!

Er dachte halt an ne Therapie, wo er lernt, sich über seine Gefühle klar zu werden, sie auszudrücken, zu kommunizieren und zu leben. Er kommt immerhin total autistisch rüber, weil er das alles nicht kann, Gesellschaft und Gespräche meidet und ständig zerstreut wirkt.
Das ist ja vielleicht die Ursache der Sucht - und wenn man die heilt, geht die Sucht vllt auch weg? Ohne, dass er sich sagt, dass er ne Sucht hat?

Sorry, ist schon wieder länger geworden.

Aber es tut gut, zu wissen, dass es hier nette Menschen gibt, die das Problem kennen und schriftlich zuhören. Smile

Liebe Grüße

Aigner
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#4
du schreibst echt viel, redest du auch so viel?  Tongue Hab mir trotzdem alles durchgelesen. 

Das Verhalten was du von deinem Mann beschreibst kenne ich von mir selbst aus meiner Vergangenheit auch. Tatsächlich musste man mir alles aus der Nase ziehen. Ich kannte das von zu hause nicht etwas von mir Preis zugeben oder meine Probleme zu teilen hab immer alles mit mir selbst aus gemacht. aber das hab ich schon gemacht befor ich Pornos geguckt habe bzw. Süchtig geworden bin. Ich hatte Angst mit meinen Gefühlen andere zu belästigen, schämte mich ihrer und ließ weitest gehend keine Gefühle zu, Ich hatte sogar schuldgefühle für meine Gefühle weil ich Angst hatte damit jemanden zu verletzen. kleines Bsp. Meine Mutter hat starke Depressione0,n das ist bis heute ein Tabuthema bei uns zu hause. Ich hab mich schudig gefühlt weil ich meine Mutter zwischen durch echt gehast habe das sie krank ist. Also hab ich alles in mich rein gefressen aber das ist ein Verhalten was ich so in meiner Kindheit von meinen Eltern gelernt habe.
Dadurch hat sich natürlich viel aufgestaut. Mit Pornos konnte ich diesen inneren Druck vermeindlich entgegen wirken. Also in echt nur aufschieben und nicht beginnen zu akzeptiern. Die Pornos haben verhindert das ich mich selbst finden konnte und männlich hab ich mich schon gar nicht gefühlt. Den Pornos gebe ich nicht die Schuld für mein Verhalten aber sie verhindern das man sich damit auseinander setzt. Ich denke mal dein Mann hat wenig Selbstbewusstsein. Die Frage ist ober er herrausfinden will wer er ist... und ob du bereit bist ihn das herrausfinden zu lassen bzw. mit den daraus folgenden konsequenzen leben zu können. Sich selbst finden kann er sich in meinen Augen nur selbst.
Zu der Vertrauenssache Vertrauen beruht auf vertrauen. Wenn dein Mann wirklich ein Suchtproblem hat müsste dir das doch zu denken geben. Zumindest kannst du nicht von ihm verlangen das er auf einmal komplett auspackt und alles ist gut. Vorallem wenn dein Mann ein problem damit hat sch selbst zu vertrauen. Wirst der sache zeit geben müssen... Aber pass auf das du dir nicht selbst schadest. Und überdenke deine Erwartungen bzw.schraub sie herrunter.

LG Daniel
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#5
Hallo Aigner,

ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, aber hier in Österreich gibt es eine Gesellschaft, die Hilfestellung bei Sucht und auch preislich ermäßigte Therapiestunden anbietet.
Bin zufällig darauf gestoßen (obwohl ich jahrelang nur ein paar Meter weiter gewohnt habe). Aber wie es so ist, solange ich mich selbst nicht als Süchtigen gesehen habe,
hatte ich auch keinen Bedarf, mir Hilfe zu suchen.


Du sagst es selbst und hast es wohl auch so erlebt: Man muss sich erst selbst eingestehen, dass man süchtig ist und es nicht schafft, aufzuhören.
Dass man einfach die Kontrolle verloren hat. Sonst passiert genau nichts. Bei allen Süchtigen, auch im Drogenbereich, muss der Süchtige selbst etwas ändern wollen.
Diese Einsicht ist das Schwerste.
Bei mir war der Moment der Einsicht, als ich eine Beziehung beendet habe und ich der Frau, in die ich verliebt war, meine Porno-Sucht gestanden habe.
Das hat sie tief verletzt, sie hat geweint. Und ich habe erkannt: Das, was ich mache, ist echt voll daneben und betrifft nicht nur mich selbst, sondern die Menschen, die mir am Herzen liegen! Das war ein heilsamer Schock für mich. Dieser Schalter muss bei deinem Mann umgelegt werden. Das kannst du nicht erzwingen. Darauf muss er selbst kommen.
Erst dann kann er/könnt ihr konstruktiv an seinen/euren Problemen arbeiten.

Ich stelle es mir schwierig vor, einen Menschen ändern zu wollen. Viele Defizite deines Mannes, die du hier beschreibst, sind ja nicht plötzlich aufgetreten,
sondern waren wohl auch schon vor der Eheschließung da. Damit meine ich nicht die verheimlichte Pornosucht. Aber die mangelnde Verantwortung, das nicht-reden können/wollen, die fehlende Hilfestellung im Haushalt...
Hast du ihn geheiratet, in der Hoffnung, ihn ändern zu können? War er für dich jemals ein Partner auf Augenhöhe?
Vielleicht geht es auch darum, das, was funktioniert und an Gutem da ist, zu stärken und hervorzuheben. Sonst verliert man sich im Blick auf das Negative...
Aber ich bin kein Eheberater und im Bereich Beziehungen auch nicht sonderlich ambitioniert und erfolgreich. Es sind nur so meine Gedanken.
Es ist, wie du schreibst: Du kannst in Ruhe überlegen, wie du damit umgehst. Und um seine Ehe zu kämpfen, ist auf jeden Fall lohnenswert.

Noch ein Gedanke zum Schluss:
Reden kann ich auch nicht gut. Mir hilft schreiben weiter. Vielleicht hilft es deinem Mann, wenn er dir einen Brief schreibt. Und ihr dann darüber redet.

Alles Gute, auch für die Therapeuten-Suche,
eleasar
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