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Erster Anlauf - Tag 10
#51
Ich habe bis auf gestern auch fast keinen Alkohol getrunken. Das ist in der Tat ganz gut. Besonders am Wochenende ist mal viel produktiver. Ich liege zum Beispiel jetzt immer noch im Bett.
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#52
Tag 65

Danke Christian und Patrice! Es stimmt, Alkohol ist nicht förderlich für den Reboot-Prozess. Wobei die Dosis ausschlaggebend ist. In zu hohen Dosen, aber auch in zu hohen Flaschen, ist es gefährlich. Bei mir verstärkt Alkohol das Negative und fördert eine gewisse Art von Selbstzerstörung und Gleichgültigkeit. Mein altes Sucht-Ich erhebt dann seine hässliche Fratze und will sich einfach nur austoben. Hier muss ich acht geben.

Was mir in letzter Zeit positiv aufgefallen ist: Ich wachse an kleinen Alltagsaufgaben. Mir ist in letzter Zeit öfter mal die Fahrradkette abgesprungen. Die ich aber schnell wieder aufgelegt hatte, wenn auch mit schmutzigen Fingern. Und letztens ließ sich mein Bügelschloss plötzlich nicht mehr schließen. Anstatt mich selbst runter zu machen (und zu sagen "Typisch, ich bin keiner echter Mann, sonst könnte ich das schließen") habe ich die Ursache gesucht und gefunden. Die Halterung war durch die Vibrationen beim Fahren verrutscht. Und die Lösung fand ich in Form eines Schraubenziehers. Halterung aufgeschraubt, verschoben, Schloss lässt sich wieder schließen. So werden Probleme zu Möglichkeiten des persönlichen Wachstums und zur Stärkung des Selbstvertrauens.

Ansonsten fühl ich mich irgendwie männlicher. Und kann auch mit in meinen Augen "echten" Männern mit fester Stimme Gespräche auf Augenhöhe führen, ohne mich minderwertig zu fühlen. Das ist schon mal ein großer Schritt für mich. Ich muss mich nicht mehr für mich selbst entschuldigen.

Und gestern habe ich ein sehr gutes Buch zum Thema Pornosucht fertig gelesen. Es heißt "Surfing for God" und ist von Michael Cusick, einem christlichen Seelsorger, Leiter und Berater. Aus seiner eigenen schmerzhaften Geschichte von jahrelanger heimlicher Porno- und Sexsucht heraus, zeigt der Autor, wie mit Gott ein Weg aus innerer Gebrochenheit zu einem neuen und erfüllten Leben gelingen kann. Er spricht nicht theoretisch von oben herab, sondern begegnet dem Leser auf Augenhöhe. Das Buch beleuchtet viele Aspekte der Sucht und geht in die Tiefe. Die zentrale Frage ist "Was suchst du wirklich hinter der Scheinwelt deiner Sucht?". Es hat mich zwischendurch zu Tränen gerührt. Er beschreibt auch den Schaden, den seine Ehe erlitten hat und wie schwer es für seine Frau und ihn war. Gleichzeitig ist es ein kraftvolles Buch der Ermutigung und Hoffnung. Pornosucht als Brücke zu einem Leben in Fülle.
"Surfing for God" liegt nur in englisch vor. Es war erst das zweite Buch, das ich ganz in englisch gelesen habe und es war erstaunlich flüssig lesbar. Ein paar Wörter nachschlagen, dann geht es schon. Zielgruppe sind Männer. Auf amazon.com gibt es viele Rezensionen, man kann es auch auf amazon.de beziehen. Ich werde es an anderer Stelle nochmal genauer vorstellen.

Bleibt stark! Im Kampf mit euch verbunden!
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#53
Es macht mir immer viel Freude zu lesen, wie deine Entwicklung voranschreitet und es gibt mir viel Kraft. Danke eleasar. Weiterhin alles Gute auf deinem Weg.

Das mit den kleinen Alltagsaufgaben habe ich so auch erlebt. Ich habe mir nicht mehr gesagt: Ich kann das nicht. Das passiert nur mir. Und es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn man so ein kleines Problem wie eine abgesprungene Fahrradkette löst und nicht davor wegläuft und das Fahrrad in den Keller stellt und es nie mehr benutzt.
[Bild: nfc.php?nfc=1794]
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#54
Tag 67

Danke Hans!
Ja, es gibt das Gute, wie Blumen am Wegesrand. Sogar im Überfluss. Man muss nur stehen bleiben und es bewusst ansehen. Das braucht auch Übung. Das schlechte zu sehen, fällt uns weitaus leichter. Ein fallender Baum macht mehr Lärm als 1.000 stehende. Die Medien machen ein gutes Geschäft damit.
Wir schaffen das Hans! Ein Fahrrad muss gefahren werden und ein Leben gelebt.

Nach einer relativ langen stabilen Phase zieht es mich die letzten Tage wieder runter. Vor allem gestern und heute. Alles scheint schwer, die Einsamkeit lastet, die Versuchung in alte Muster zu fallen ist stärker. Es ist kein gemachter Weg. Jeder Schritt muss hart erkämpft werden. Auch der Wille ist angefochten. Der Schwung und Vorsatz des Anfangs ist verwässert. Für Sport fehlt mir die Kraft und Motivation. Mein Gehirn will dem Schmerz ausweichen und fordert das altbewährte - Pornografie und Selbstbefriedigung. Damit ich das Leben in mir wieder spüren kann, nur für einen Augenblick. Die alten Lügen. Hier entscheidet sich die Schlacht. Nicht oben am Gipfel, wo alles klar und sonnig und einfach scheint. Sondern unten im Tal, in der Dunkelheit, wenn nichts mehr trägt und Hoffnung schwindet. Selbst mein Gebet wird armselig. Nicht mehr viele große Worte, nur noch mein kleines verwundetes Herz kann ich Gott hinhalten und ihn bitten: "Sei mir Vater".

Ich erkenne Zusammenhänge immer stärker. Trage auch ein Stück die Wunde meines Großvaters in mir. Der selbst vom Krieg gezeichnet dem Leben nicht gewachsen war. Seine Süchte waren andere. Zuerst war er Kettenraucher, bevor er sich später zu Tode gesoffen hat. Meine Distanz zum Leben entspringt der Distanz meines Vaters zu mir, der wiederum mit der Distanz meines Großvaters aufgewachsen ist. Verletzungen werden vererbt, sagt man. Vielleicht ist nun die Zeit, diese Familienwunde an mir zu heilen. Oder zu lernen, gut damit zu leben. Es wird Zeit, sich dem zu stellen. Ich laufe nicht mehr davon. Ich laufe nicht mehr davon.
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#55
"Nach einer relativ langen stabilen Phase zieht es mich die letzten Tage wieder runter. Vor allem gestern und heute. Alles scheint schwer, die Einsamkeit lastet, die Versuchung in alte Muster zu fallen ist stärker. Es ist kein gemachter Weg. Jeder Schritt muss hart erkämpft werden. Auch der Wille ist angefochten. Der Schwung und Vorsatz des Anfangs ist verwässert. Für Sport fehlt mir die Kraft und Motivation. Mein Gehirn will dem Schmerz ausweichen und fordert das altbewährte - Pornografie und Selbstbefriedigung. Damit ich das Leben in mir wieder spüren kann, nur für einen Augenblick. Die alten Lügen."

Genauso habe ich mich vor meinem Rückfall auch gefühlt. Also: Sei wachsam und bleibe standhaft.
[Bild: nfc.php?nfc=1794]
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#56
(28.07.2015, 20:58)hans1975 schrieb: "Nach einer relativ langen stabilen Phase zieht es mich die letzten Tage wieder runter. Vor allem gestern und heute. Alles scheint schwer, die Einsamkeit lastet, die Versuchung in alte Muster zu fallen ist stärker. Es ist kein gemachter Weg. Jeder Schritt muss hart erkämpft werden. Auch der Wille ist angefochten. Der Schwung und Vorsatz des Anfangs ist verwässert. Für Sport fehlt mir die Kraft und Motivation. Mein Gehirn will dem Schmerz ausweichen und fordert das altbewährte - Pornografie und Selbstbefriedigung. Damit ich das Leben in mir wieder spüren kann, nur für einen Augenblick. Die alten Lügen."

Genauso habe ich mich vor meinem Rückfall auch gefühlt. Also: Sei wachsam und bleibe standhaft.

Danke Hans! Ich muss wirklich acht geben.
Gestern abend hab ich Freunde getroffen, das hat mich aus meinem negativen Sumpf etwas herausgeholt.
Heute war ich auf einer öffentlichen Nachrichten-Seite. Und da waren Bilder zu einem Kunstthema, die stark aufreizend und triggernd waren. Ich finde es traurig, wie offensiv und plakativ auch öffentliche Medien mit erotischen Bildern umgehen.

Wir stehen unter Beschuss. Bleiben wir stark!
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#57
Die nächsten Tage ist schönes Wetter und Sonne gemeldet. Das wirkt sich gleich auf das Gemüt aus und ihr habt mehr Energie und seid auch gleich positiver gestimmt. Macht was daraus, geht an die Sonne und unter die Leute. Geht am besten täglich für 30 bis 60 Minuten nach draußen gemütlich spazieren, am besten in die Natur und ganz wichtig: ohne Handy und sonstige technischen Geräte wie iPod, Walkman oder Kamera. Das entspannt den Körper, den Geist und die Seele und bringt Ruhe in euch.
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#58
(30.07.2015, 10:50)Christian schrieb: Die nächsten Tage ist schönes Wetter und Sonne gemeldet. Das wirkt sich gleich auf das Gemüt aus und ihr habt mehr Energie und seid auch gleich positiver gestimmt. Macht was daraus, geht an die Sonne und unter die Leute. Geht am besten täglich für 30 bis 60 Minuten nach draußen gemütlich spazieren, am besten in die Natur und ganz wichtig: ohne Handy und sonstige technischen Geräte wie iPod, Walkman oder Kamera. Das entspannt den Körper, den Geist und die Seele und bringt Ruhe in euch.

Hallo Christian, danke für deinen Input. Tatsächlich war ich die letzten Tage viel zu Fuß unterwegs. Aber nicht, weil es sonnig war, sondern weil es geregnet hat und ich statt mit dem Fahrrad zu Fuß zur Arbeit gegangen bin. Es hat mir jedenfalls gut getan.

Die Macht der Bilder fasziniert mich nach wie vor. Gestern habe ich den 2. Teil von Herr der Ringe angesehen. Da gibt es auch starke Bilder und Charaktere. Die wichtigsten Figuren werden von starken Selbstzweifeln geplagt. Frodo, der Ringträger, zweifelt an sich und sagt, er schafft es nicht. Aragorn, der spätere König, zweifelt an sich. Und vor allem der alte König Theoden von Rohan erinnert mich stark an einen Pornosüchtigen. Er sitzt bewegungslos auf seinem Thron, ist energie- und antriebslos, desinteressiert, schwach und ohne eigenen Willen - eine lebende Leiche. (Ich hänge ein Bild an, das ihn zeigt.) Sein Berater, der ihm hätte helfen sollen, flüstert ihm Lügen ein und hält in schwach und abhängig. So ist es auch bei Pornografie. Sie belügt uns und hält uns schwach und abhängig.
Erst die Begegnung mit dem weißen Zauberer gibt ihm seine ursprüngliche Lebenskraft zurück. Er wird zum charismatischen König und Anführer. Sein wahres Wesen tritt hervor.

Ich denke, aus Filmen kann man viel mitnehmen für das eigene Leben. Es geht um die wesentlichen Fragen: Was ist mein wahres Wesen? Wer bin ich im tiefsten Inneren? Welchen Lügen sitze ich auf?

Ich wünsche euch ein gutes pornofreies Wochenende und Mut für die wesentlichen Fragen!


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#59
Ein treffendes Beispiel, stimmt. Theoden und Grima Schlangenzunge passen sehr gut als Vergleich.

Offtopic: Tokien hat viele Jahrzehnte seines Lebens am Herr der Ringe geschrieben. Er hat schlimme Dinge im Krieg erlebt und durch das Schreiben dieser Bücher verarbeitet. Wirklich lesenswert bzw. sehenswert. Schreiben hilft sehr, wie man auch hier im Forum immer wieder erfährt.
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#60
Tag 1 (nach 70)

Breakdown. Letzte Nacht bin ich gefallen. Es hat sich schon abgezeichnet in den letzten Tagen. Mein Freund hat mir gestern das Passwort gemailt, damit ich K9 aktualisieren kann. Am Abend war ich noch bei einer Feier, habe 2 Bier getrunken. Zuhause war die Versuchung zu groß. Die Situation war klassisch: Allein zu hause in der Nacht, alkoholisiert, ein Computer wartet, das Passwort frei zugänglich. Das Drehbuch war klar und schon hundert mal durchgespielt. Ich gehe hin, schalte ein, möchte nur ein bisschen schauen, schließlich lande ich auf einer Pornoseite und ende mit Selbstbefriedigung. Ja, ich hätte aussteigen können. Selbst in dieser Situation. Aber in dem Augenblick wollte ich nicht.

Jetzt beginne ich wieder bei null. Es wäre auch zu schön gewesen, den reboot auf Anhieb zu schaffen. Das Passwort ist nun wieder bei meinem Freund und ich bin demütiger. Aber ich gebe nicht auf! 70 Tage sind das Fundament, auf dem ich weiterbaue. So weit war ich noch nie und ich bin stolz darauf. Es steht nun 70:1. Und mein Kampf gegen Porno wird mehr und mehr zu einem Kampf für ein neues und erfüllteres Leben.

Mit euch verbunden, im Scheitern und im neubeginnen!
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