Die gelehrte Sucht – moderne Auffassungen über Sexualität

Débat  "Pornographie pour ou contre"Es war mal wieder so ein Tag, an dem einer unserer Autoren auf dem Weg zur Arbeit an einem dieser Hochglanz-Poster von H&M vorbeistiefelte. Es strahlen einen Frauen in lasziven Posen und mit perfekt definiertem Körper an. Wow, was für Weibsbilder! Andere Kollegen, die mit dem Auto kommen, kommen allein beim Hinweg schon in den Genuss von locker einem dutzend solcher aufreizenden Werbetafeln. Eine schöne Frau zu begutachten, das ist immer etwas positives, oder?

Diese Annahme, die wahrscheinlich noch ein Relikt aus dem frühen 20. Jarhundert darstellt, dürfte so langsam angezweifelt werden. Denn was wir auf den Straßen und im Netz zu sehen bekommen, hat herzlich wenig mit einer gesunden Realität zu tun. Die nicht ganz perfekten Frauen der 20er Jahre hatten auch ihre Klasse und konnten garantiert nicht auf die Hilfsmittel des Wundermittels namens „Photoshop“ zählen.

Wandel der sexuellen Freiheit

Damals war die Gesellschaft noch zurückhaltend. Man könnte es auch „prüde“ oder „konservativ“ nennen – 2 Begriffe, die oft eine negative Konnotation mit sich bringen. Doch ist das moderne Frauen- und Schönheitsbild, welches an jeder Ecke präsentiert wird, dann das Gegenteil? Sind das die Früchte einer fortschrittlichen Gesellschaft? Teenager betrinken sich halbnackt auf Partyinseln, schicken sich Hardcore-Pornos zu und formen so ihre Auffassungen über Sexualität. Klingt eher wie Sodom & Gomorrha, als wie eine fortschrittlich-vorbildliche Gesellschaft.

Ende der 60er waren die Hippies der Meinung, dass sich etwas im Zusammenleben verändern muss. Sie standen für Ideale wie Emanzipation, Gleichberechtigung und weniger willkürliche Autoritäten ein. Der Grundgedanke war ein Guter und es wurde der Grundstein gelegt für die Freiheit, von der wir heute zehren dürfen. Doch hätten diese Menschen gewollt, dass gerade die Entwicklung der Sexualisierung so einen Lauf nimmt? Das, was in den Medien und vor allem auf den Pornoseiten mitbekommt, ist weit mehr sexistisch als emanzipiert – und in heutigen Zeiten haben die Medien durch das Internet eine höhere Bildungsgewalt als jeder Demonstrant Ende der 60er Jahre.

Zurück in die Vergangenheit?

Natürlich sind sehr positive Entwicklungen in den letzten 40 Jahren zu beobachten. Frauen sind in den Führungspositionen angekommen und das klassische Familienmodell ist auch kein ungeschriebenes Gesetz mehr. Wir werden toleranter und informierter, können dank einer multikulturellen Gesellschaft öfter über den Tellerrand schauen als noch vor 50 Jahren.

Was aber mit Argwohn betrachtet werden muss, ist die moderne Vorstellung von Sexualität. Die Benutzer des Internets werden immer jünger. Während die Meisten unserer Autoren erst im Teenager-Alter so richtig mit Computern in Berührung kamen, ist es heute normal, schon in der Grundschule damit umzugehen. Dies ist nicht zwangsläufig schlecht, denn wer früh lernt, der kann auch schnell einen achtsamen Umgang pflegen.

Trotzdem wird Sexualität immer intensiver dargestellt und bewertet. Ein Akt der puren Liebe ist das miteinander Schlafen schon lang nicht mehr – und das muss es um Gottes Willen auch nicht sein. Der Punkt ist, dass durch Pornos und sexualisierte Medieninhalte, die für jeden zugänglich sind, verkehrte Vorstellungen von Partner und Sexualität vermittelt werden. Genau da müssen wir ansetzen und unsere Freiheit selbst kontrollieren. Freiheit bedeutet nämlich auch Verantwortung für sich selbst. Man sollte seine Grenzen kennen und stets so handeln, dass man nicht Gefahr läuft, Pornos und medialer Sexualität erlegen zu sein oder durch künstlich erzeugte Bedürfnisse anderweitig zu leiden.

Denn das Meiste, was wir präsentiert bekommen auf Werbebanden, Pornoseiten und in Hochglanzmagazinen, hat nichts mit der Realität zu tun und sollte uns dementsprechend nicht täuschen. Denn wer beginnt, seine Ansprüche danach zu richten, der kann nicht glücklich werden. Diese modernen Probleme blieben unseren Vorfahren vorbehalten. Nur wir können durch Eigeninitiative die Freiheit, die so hart erkämpft wurde, sinnvoll nutzen, indem wir vor Allem uns selbst schützen und bewusster Leben – gerade auch im Bezug auf Sexualität und Medienkonsum.