Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 1 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Warum riskiert er unser großes gemeinsames Glück?
#1
Hallo ihr Lieben, ich habe jetzt schon seit einiger Zeit hier ganz viel gelesen und möchte nun auch meine Geschichte kurz erzählen. 
Mein Partner und ich sind seit 9 Jahren zusammen, haben aber 7 Jahre ein Fernbeziehung führen müssen. Letztes Jahr konnten wir endlich zusammenziehen, was wir uns lange ersehnt haben. Wir sagen beide, dass der jeweils andere die große Liebe ist und wir haben - dachte ich - immer ehrlich und vertrauensvoll über alles miteinander gesprochen. Auch der Sex war eigentlich immer toll. Dass er Pornografie gut findet und auch konsumiert, das wusste ich, darüber haben wir in den Jahren auch immer mal wieder gestritten. 
Sein Argument war immer, dass ich ja endlich zu ihm ziehen könne, dann sei das nicht mehr nötig und solange ich aber nicht da sei, brauche er ja was zum Erleichtern. (Es lag an meinen Lebensumständen, dass wir so lange nicht zusammengewohnt haben).

Als wir endlich unseren gemeinsamen Alltag gestartet sind, war ich im 7. Himmel. Es zog natürlich auch nach ein paar Wochen der Alltag ein, aber glücklich waren wir.
Mit der Zeit ließ sein sexuelles Interesse an mir jedoch merklich nach und wenn ich fragte hieß es immer, das sei nun mal so, wenn man sich jeden Tag habe und sähe.

Vor ca. 6 Wochen bin ich dann durch eine Nachlässigkeit von ihm drauf gekommen, was los ist. Kurze Zusammenfassung: Er hat an mindestens 20 Tagen im Monat über Stunden tagsüber, im Homeoffice, wenn ich unterwegs war, wenn ich im Nebenzimmer war etc. intensiven bezahl-Sex-Video-Chat betrieben. Online-Sex gehabt mit ganz ganz junge Frauen, die irgendwo auf der Welt online waren - er ist 57. Über Stunden immer wieder fast jeden Tag. Ich wollte es dann bis ins Detail wissen und habe von ihm sein Passwort bekommen (zumindest von einer Plattform). 
Es waren keine krassen Praktiken, aber ohne Ende Liebesschwüre seinerseits, seine Sehnsüchte, dass die jeweils Angebetete doch jetzt in seinen Armen auf seinem neuen Sofa liegen solle, er wolle am liebsten ewig Sex mit ihr und in ihren Armen sterben. 

Ich kann nicht beschreiben, wie tief mich das erschüttert hat, das alles zu lesen und zu kapieren, dass es IMMER stattgefunden hat, obwohl er mir die große Liebe vorgespielt hat. Ich fühle mich so betrogen und erniedrigt. Und ich Idiotin hab gedacht, ich sei für ihn was Besonderes. Ich bin attraktiv, aber eben keine 18 und keine Pornobraut.

Seitdem haben wir viel gestritten, geweint, geredet, er hat Versprechungen gemacht. Süchtig sei er keinesfalls, sagt er. Er habe sich das leider über die Jahre angewöhnt und eben nur nicht damit aufgehört, als ich eingezogen bin. Es bedeute ihm nichts, hätte nichts mit mir zu tun, bla bla bla.

Für mich ist es Betrug. Hätte ich es gewusst, wäre ich den Schritt niemals gegangen. Er sagte, er könne es lassen. Jetzt bin ich immer voller Misstrauen, habe ihn auch schon zweimal "erwischt" wie er sich im Internet Bilder angesehen hat.

Unsere Einigung ist: Kein real-time Sex mit Frauen im Internet. Wenn er 3-4 mal im Monat Paare in Pornos anschaut um sich selbst zu befriedigen, dann ist das für mich ok. Männer will er eigentlich nicht im Porno sehen, weil er einen Peniskomplex hat und die ihn mit ihren großen Dingern triggern. Tja, willkommen in meiner Welt, mich triggern 18jährige Busenwunder auch, denen er seine ewige Liebe schwört.

Mein Problem ist, ich finde nicht ins Vertrauen zurück. Meine Gedanken kreisen darum, ob er es wieder macht, selbst einfache Nacktfotos, die er sich anschaut, lassen mich ausrasten. Ich kann kaum schlafen und frage mich: haben wir eine Chance? Ist es möglich, dass er sich ändert?

Es tut gut, hier im Forum Frauen zu finden, die mit ähnlichen Gefühlen leben und kämpfen und auch, von Männern zu lesen, die sich dem Problem stellen wollen

GLG Julia
Zitieren
#2
Liebe Julia,

mein erster Impuls für eine Antwort auf Deinen Text: LAUF! Lauf, so lange Du noch kannst ... Lauf ganz weit weg.
Und ich denke, hier sind einige Frauen unterwegs, die vielleicht spontan so fühlen und denken wie ich, wenn sie dies lesen. Und vielleicht sogar gerade mit ihren Köpfen nicken ...

Nun ist es ja aber nicht ganz so einfach.
Ich denke schon, dass Dein Freund Dich liebt. Und wenn er sagt, Du seist seine große Liebe, mag auch das stimmen. Er lebt er seine "Sexualität" seit vielen Jahren auf die von Dir beschriebene Weise aus ... und es begann bereits längst vor seiner Zeit mit Dir in seinem Leben.

Du hast Dich sicher schon mit dem Thema "Pornosucht" beschäftigt, kennst womöglich die Hintergründe – oder doch zumindest einige. Da muss ich hier nicht mit Infos aufwarten. :-*
Die Frage, die Du Dir jetzt aber stellen könntest: "Liebe ich diesen Mann, diesen Menschen, so sehr, dass ich an seiner Seite noch etwas/eine Weile/lange 'kämpfen' und ihm Chancen einräumen möchte?" Und das immer und immer und immer wieder ... ?

Und eine weitere Frage – diesmal von mir an Dich: Hast Du Kinder und/oder anderweitige Verantwortung(en) beziehungsweise steckst in komplizierten Lebensumständen (einmal abgesehen von der Pornosischt Deines Freundes), die Dich schon genug Kraft und Energie sowie Zeit und Geld kosten?

Und dann vielleicht einige Fragen, die wir betroffenen Frauen – oder Männer – uns immer wieder stellen sollten: Packe ich das emotional? Achte ich genug auf mich ... ? Schaffe ich einen "gesunden Abstand"? "Kann ich mir immer wieder sagen: DAS hat NICHTS mit MIR zu tun?"

Es ist so schwer, ich weiß.
Aber: DAS ist doch das Wichtigste bei alledem: dass wir uns selbst nicht dabei verlieren – und untergehen.

Liebe Julia, ich möchte Dir am liebsten ganz viel Kraft senden, weil ich in etwa ahnen kann, wie Du Dich fühlst ...
Und so nehme ich Dich hier und jetzt einfach einmal virtuell ganz kräftig in den Arm, gehe mit Dir einen Wein trinken, bringe Dich zum Lachen. Sage Dir: Du bist nicht allein.

Herzlichst
A.
Du könntest 20 Jahre alt sein, den Körper eines Models haben und Deinem Partner alle sexuellen Wünsche erfüllen. Und dennoch würde es seine Sucht nach Pornos nicht beenden. Denn die Sucht ist auch eine erlernte Art und Weise, eine innere Leere zu füllen und mit Frust/Langeweile umzugehen.
Zitieren
#3
Liebe Mrs. Teacher,
ganz herzlichen Dank für deine einfühlsame Antwort. Der letzte Satz hat mir echt Tränen in die Augen getrieben..
Ich glaube, fürs weit weglaufen ist es für mich noch zu früh, obwohl ich den Impuls natürlich schon hatte. Koffer packen und weg und nicht mehr zurückschauen. Aber man hat nach vielen Jahren unendlich viele feine Fäden miteinander geknüpft und ein Netz aus Verbindung geschaffen, dass es einfach zu sehr weh tun würde, es jetzt zu zerreißen.
Obwohl ich das Pornokonsum-Verhalten von ihm und Männern im Allgemeinen genau dafür halte: Für eine Reißen an den Beziehungsbanden.

Ich warte jetzt ab, was die nächsten Monate bringen und ob es wirklich stimmt, dass es keine Sucht ist bei ihm. Und wenn sich das Gegenteil herausstellt, nämlich, dass es doch Sucht ist, dann kommt es entscheidend darauf an, ob er daran arbeiten will. Wenn ja, dann kann ich vielleicht die Kraft aufbringen, da mit ihm durchzugehen. Aber wenn es immer nur bagatellisiert wird und mein Schmerz nicht wahrgenommen wird, dann muss ich mich in Sicherheit bringen.
Zur Zeit ist seine Haltung: "Du machst aus einer Mücke einen Elefanten". Ich sehe es umgekehrt, er macht aus einem für mich schwerwiegenden Betrug eine Lappalie.

Ich habe in der letzten Wochen einen Termin gehabt bei einer Sexologin, die mir ein wenig helfen konnte, indem sie mir die Mechanismen des P-Konsums und dessen Bedeutung für Männer erläutert hat.

Jetzt bleibt es abzuwarten und die Hoffnung nicht aufzugeben.

LG Julia
Zitieren
#4
Liebe Julia,

wie ist es Dir und euch weiter ergangen?

Herzliche Grüße
Du könntest 20 Jahre alt sein, den Körper eines Models haben und Deinem Partner alle sexuellen Wünsche erfüllen. Und dennoch würde es seine Sucht nach Pornos nicht beenden. Denn die Sucht ist auch eine erlernte Art und Weise, eine innere Leere zu füllen und mit Frust/Langeweile umzugehen.
Zitieren
#5
Hallo Mrs. Teacher,
Danke fürs Nachfragen. Wir haben sehr viele intensive Gespräche in den letzten Monaten geführt, Bücher zu dem Thema gelesen und er hat mir immer wieder beteuert, dass er so gut wie gar nichts mehr macht. Leider habe ich die Neigung entwickelt, ab und zu zu kontrollieren, ob ich was finde. Wir haben gegenseitig alle unsere Passwörter, für PC und Handy. Alle paar Tage habe ich also mal geschaut und irgendwie immer Hinweise auf weiter bestehenden Konsum gefunden, allerdings weiß er, dass ich gucke und ist entsprechend vorsichtig.

Ich habe für mich persönlich einen Weg gefunden, es nicht auf mich zu beziehen. Früher habe ich einige Jahre Verhaltenstherapie gemacht und kann jetzt die erlernten Denkmuster relativ gut auch darauf anwenden. Heißt, es gelingt mir mittlerweile, nicht mich und meinen Körper in Frage zu stellen, sondern ich stelle ihn in Frage. Und ich weiß, wenn er Pornografie vorzieht, dann ist es nicht meinem Aussehen oder Verhalten geschuldet, sondern er entscheidet sich bewusst, auf unsere Absprachen nichts zu geben und meine Gefühle nicht ernst zu nehmen.
Ich habe ihm gesagt, dass ich nur freiwillig mit ihm zusammenlebe, wenn die Sexualität nur zwischen uns stattfindet und gelegentliche Masturbation ist auch ok.Wenn er hinter meinem Rücken seinen Pornokonsum wieder aufnimmt und verheimlicht, dann weiß er, dass ich freiwillig nicht mit ihm zusammen bin, sondern nur aufgrund seiner Lügen.

Ich hoffe einfach, dass sein Gewissen und unser eigentlich schönes Leben ihm zeigen, dass es nicht ok ist, entgegen unserer Absprachen zu handeln.

Sicher fühle ich mich aber noch nicht wieder. Misstrauisch bin ich immer. Das Glück, das ich mal empfunden habe in unserer Beziehung, das ist leider Schnee von gestern….

Herzliche Grüße zurück!
Julia
Zitieren
#6
Hi Julia,

erstmal finde ich es sehr stark, dass du mit diesem Thema rausgehst und dich jemandem anvertraust.

Leider wird häufiger Pornokonsum immer noch als schlechte Angewohnheit abgetan. Der Großteil der Betroffenen ist sich nicht im Klaren darüber,
dass es sich um Suchtverhalten und damit um eine chronische Erkrankung handelt.

Wenn dein Partner keine Einsicht diesbezüglich zeigt und das Problem nicht als solches erkennt, wird sich auch keine Besserung einstellen.
Es hört sich bereits so an, als wärst du in einer Co-Anhängigkeit.

In diesem Fall würde ich die Situation gemäß folgendem Leitsatz einschätzen:
"Keiner ist schuld, aber jeder ist verantwortlich."

Soll heißen, dein Partner ist nicht schuld für sein Verhalten. So wie du beschreibst hört es sich an, als wolle er eine innere Leere füllen und hat ungelöste Probleme auf emotionaler Ebene (oftmals die Ursache für eine Pornosucht).
Aber er hat die Verantwortung für sein Leben und nicht du.
Sprich, wenn du keine Bemühungen von seiner Seite erkennst und weiterhin darunter leidest, dann solltest du Verantwortung für dein Leben tragen und entsprechend deinen eigenen Weg gehen.

Allerdings würde ich die Flinte nicht sofort ins Korn werfen, sondern es natürlich so gut es geht versuchen. Aber alles hat seine Grenzen.

Wenn du Fragen zum Thema hast, melde dich jederzeit gerne Wink

Viele Grüße

Tobi
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste