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Hat es einen Sinn? Auf der Suche nach der anderen Perspektive, Erfahrungen und Tips
#1
Hallo liebe Community! 

Ich möchte mich gerne einmal austauschen und hoffe die Seite meines Partners mehr zu verstehen.

Ich (24) bin mit meinem Partner (26) seit 8 Jahren zusammen. Nun habe ich erfahren, dass er nach c.a 1,5-2 Jahren Pause erneut vor c.a 1,5 Jahren begann Pornos zu schauen und es ausgeartet ist.. in den vergangenen Monaten masturbierte er täglich unter der Dusche  (Grds ohne Pornos, ab und zu davor geschaut), sah sich an manchen Tagen auf Toilette während eines gemeinsamen Films 3-4 mal 2-3 Minuten die Vorschau bei Pornos an, nur um es gesehen zu haben, masturbierte 1x wöchentlich 1-2 mal zu Pornos und sah auch beim arbeiten (Home Office) einige Pornos nebenbei an. Zudem gab er zu, sogar auf dem Nachhauseweg einmal welche angesehen zu haben weil der Drang da war. In den letzten Monaten sah er also jeden Tag mehrmals Pornos an. Dies sind die Ausmaße, die mir aktuell bekannt sind, ich glaube aber er ist ehrlich, da er tagelang alles beichtete. Der Inhalt der Pornos scheint noch sehr normal zu sein (keine Gewalt o.ä) sondern eher ,,normale‘‘ pornos mir ist bewusst dass dies an konsumierter Zeit noch relativ wenig erscheinen mag (es waren meist maximal 30- 40 min am Stück beim masturbieren und ansonsten relativ viel kurz reinschauen. Laut seinen Aussagen hat er aber bereits vor 14 Tagen von alleine vor dem Streit aufgehört da er Sorge bekam wegen der Häufigkeit. Soweit zu den Ausmaßen. Dazu muss man sagen, dass er ein sehr gebildeter Akademiker ist, der sonst sehr feministisch ist und eigentlich auch über die negativen Seiten von Pornoskonsum und den Darstellerinnen aufgeklärt ist. Er sagt, er hat die ganze Sache einfach verdrängt und sich eingeredet dass es normal sei und er dies nur für uns tue. Er leidet seit Jahren an einem frühzeitigen Samenerguss und wollte wohl mit Pornos und der Start stopp Technik üben (am Ende wohl nur Ausrede da er wegen der sucht schaute). 
Trotz der Sucht hatte er allerdings immer Lust auf Sex und war auch ansonsten der liebevollste Mensch den ich je kennen gelernt habe und er hat mich auf Händen getragen…

Umso schockierter war ich natürlich, als ich es erfuhr… wir waren immer ehrlich zueinander (dachte ich) und konnten über alles reden… auch entspricht es überhaupt nicht seinen Überzeugungen und den Gesprächen die wir regelmäßig über sexualisierung von Frauen, Beziehungen und Ehrlichkeit etc führten… er hat mich so oft angelogen… 

Erfahren habe ich es, indem das Thema aufkam und ich merkte dass er lügte und dann tagelang weiter fragte bi, ich alles wusste. Er hat es also leider nicht von selbst gestanden.. es stellt sich heraus dass er mit mehreren Unterbrechungen (immer c.a 0,5-2 Jahre) bereits seit seiner Kindheit(12 Jahre)  süchtig ist. Früher hatte es wohl so starke Folgen, dass er alles und jeden sehr stark sexualisierte, auch zu Beginn unserer Beziehung. Er hat dies aber wohl niemals reflektiert und nahm dies als normal wahr. Im laufe der Jahre wurde es aufgrund der Unterbrechung wohl deutlich besser und der Konsum bis vor c.a 6 Monaten weitestgehend normal. Dass er eine Sucht hat, hat er angeblich erst in unserem Gespräch erkannt. Als er die Ausmaße merkte und meine Reaktio, begann er sofort einen Platz in der Klinik für die Therapie zu machen zu der wir gemeinsam gefahren sind, suchte Selbsthilfegruppen und versprach darauf zu verzichten und ,,clean‘‘ zu werden. Aktuell hat er angeblich bereits seit 14 Tagen nichts konsumiert. 

Als es herauskam, musste er sehr viel weinen, entschuldigte sich sehr oft, suchte sich sofort Hilfe in einer Klinik,  erzählte es unseren Familien damit sie Bescheid wissen und im Zweifel helfen können (nachfragen, anrufen, anvertrauen etc..). Er bot auch an eine Blocker-App zu installieren usw… 

Ich versuche wirklich auch seine Seite zu verstehe, aber irgendwie ist mein Bild von ihm vollkommen zerstört… es verletzt mich so, dass er alles riskiert hat nur um diese Frauen zu sehen…

 zu meinen Fragen: 

1. kann es sein, dass man die Sucht trotz der Häufigkeit nicht erkennt und sich trotz der Intelligenz und Aufgeklärtheit einredet, der Konsum sei normal? Mir fällt es einfach schwer zu glauben, dass es ihn nicht auffiel aber wenn doch, warum unternahm er nichts? 

2. wie seht ihr die Chancen, dass man mit diesen Maßnahmen tatsächlich clean wird? 

3. macht es Sinn als Partnerin bei ihm zu bleiben oder wird man ohnehin nur immer und immer wieder enttäuscht? ich habe Angst davor, dass es nur immer wieder Rückfälle und Enttäuschungen gibt 

4. wie schafft man es das ganze nicht persönlich zu nehmen? Ich habe es wirklich versucht aber mein Selbstwertgefühl ist vollkommen zerstört, weil meine Brüste super klein sind und er auf große steht und diese wohl aktiv gesucht hat am Ende (ich wusste dass er auf sie steht aber nicht dass er nach ihnen aktiv so oft am Tag sucht…). Ich habe das Gefühl, er hat obwohl ich im Nebenzimmer war aktiv nach anderen Frauen gesucht weil ich ihm nicht reiche…

5. habt ihr noch ein paar Anregungen damit ich ihn besser verstehe? 

6. habt ihr Tipps, woran man merkt dass er wirklich aufhören will? Ich vertraue leider aktuell keinem seiner Worte mehr…

7. wie kann man das Vertrauen in einer Partnerschaft wieder aufbauen nach so einer Sache? Ich habe immer Angst dass er auf einmal doch wieder anfängt…
Vielen Dank fürs Durchlesen! Liebe Grüße!
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#2
Hi Hugi,

1. Ja, das ist vollkommen normal. Über PMO wird kaum gesprochen, obwohl es allgegenwärtig ist. Die Betroffenen wissen dadurch nie, wie viel normal ist. Die meisten bemerkten das Problem erst, wenn es privat oder beruflich nicht mehr weiter geht. Wir müssen sprichwörtlich gegen eine Wand laufen, um wach zu werden.
2. Die ergriffenen Maßnahmen und vor allem der Weg in die Klinik sind radikal und zeigen, wie ernst die Sache genommen wird. Langfristig sind es jedoch nicht die Blocker, sondern die Auslöser, die bekämpft werden müssen.
3. Das ist sehr unterschiedlich und kommt auf die Ausprägung der Sucht an. Wenn der Wille zur Veränderung da ist und Dein Partner sein Bestes gibt, Rückfälle mit eingeschlossen, hat die Beziehung auf jeden Fall eine Chance verdient. Ab wann Du nicht mehr willst bzw. kannst, ist ganz allein Deine individuelle Entscheidung.
4. Versuche bitte Dein Selbstwertgefühl nicht daran zu verlieren. In einer Beziehung und auch bei realem Sex, geht es um so viel mehr. Pornos setzen ganz woanders an und sind nicht mit echter Liebe gleichzusetzen. Ebenfalls ist die Form der Stimulation und die Art der Befriedigung vollkommen anders. Oftmals landen wir Maenner bei Dingen, die wir eigentlich überhaupt nicht attraktiv finden, nur um den Reiz zu erhöhen. Wir sind im Gehirn abgestumpft. Wichtig: Diese Abstumpfung ist reparabel.
5. Sprechen und eine verständnisvolle Atmosphäre beibehalten.
6. Du bemerkst es am Verhalten. Meine Freundin wusste immer sofort, wenn ich einen Rückfall hatte. Mit der Zeit wirst Du es wissen.
7. Wenn Pornos schauen, der absolute Vertrauensbruch für Dich ist, wirst Du es schwer haben einen Mann in Deutschland zu finden, der überhaupt keine Pornos schaut. Liebe Deinen Mann für die Dinge die er Dir gibt ("liebevollste Mensch").
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#3
Hallo Hugi,
ich würde Dir gerne auch mal meine Perspektive anbieten, auch mit dem Hintergrund, dass ich bereits in Therapie bin und so Einiges über meine Hintergründe der Sucht kenne.

1. Die Intelligenz und Aufgeklärtheit deines Mannes ist sicher nur eine von vielen Facetten seines Charakters. Das ist der Teil der Vernunft, des Wohlwollens und der Teil, der davon lebt, dass man anderen gefallen möchte. Es gibt aber auch immer einen Teil in einem, der sich selbst gefallen möchte, der Spaß und Belohnung braucht. Wenn dieser zu lange unterdrückt bleibt, dann passieren genau diese Art von Süchten. Das ist dann der innere Protest, der sich im Verborgenen abspielt. Diese Ersatzhandlung ist das Ventil bei übermäßiger Vernunft. Das was ich schreibe muss nicht zu 100% auf deinem Mann passen. Vielleicht ist er in Balance mit sich selbst. Am besten kann man das herausfinden indem man sich fragt was tut er nur für sich? Hat er ein gutes Hobby? Trifft er sich regelmäßig mit SEINEN Freunden? Verbringt er genügend Zeit für sich alleine, wo er mal zur Ruhe kommen kann?

2. Dein Mann scheint intelligent, vernünftig und ein Anpacker zu sein. D.h. er erkennt sein Problem und wartet nicht lange, um es anzugehen. Die große Unbekannte ist hier das Thema Wahrheit. Er hat sein Problem zunächst geleugnet und Dir tagelang nicht die Wahrheit gesagt. Das kann die Phase des Eingestehens gewesen sein oder er wollte Dich nicht mit den vollen Details schocken, aber es kann auch sein, dass er das nur unter Druck zugeben musste und selbst (noch) nicht die volle Überzeugung hat, dass er ein großes Problem hat. Beobachte weiter, rede mit ihm, lass Dir mehr Details geben und versuche ein Gefühl dafür zu entwickeln, wo er steht.

3. Es macht absolut Sinn ihn zu Unterstützen und sich darauf einzustellen, dass es Rückfälle geben wird. Er braucht Dich und dein Verständnis. Du solltest Ihn eine Stütze sein. Die Bedingung ist aber Ehrlichkeit! Denk daran, dass was er jetzt versucht abzulegen ist eine Gewohnheit, die sich über Jahre bzw. Jahrzehnte entwickelt hat. Man sollte nicht erwarten, dass es restlos weg ist nach 6 Monaten oder einem Jahr. Aber man darf erwarten, dass es deutlich deutlich weniger wird.

4. Ist etwas plakativ, aber wenn Du große Brüste hättest, würde er nach kleinen Brüsten suchen oder einfachen nach allem was sich von Dir unterscheidet. Der Kick ist das Neue. Du kann aussehen wie ein Model oder Pornostar und trotzdem wird der Süchtige das Gegenteil bzw. die Vielfalt suchen. Daher nimm es bitte nicht persönlich, so sind sie/wir alle hier.

5. Ich habe relativ viel dazu Abschnitt 1 geschrieben. Für mehr müsste man ihn besser kennen. Ich glaube aber, dass es schon auf relativ viele hier zutrifft. Sicherlich gibt es auch andere Aspekte als die Kompensation von unterdrückten Instinkten, aber ich habe nur eine limitierte Perspektive auf das Thema. Mein Antrieb war der Ausgleich von Vernunft und fehlendem Sex in der Beziehung. Die Pornos und Masturbation entwickelten sich später aber auch noch zur Stressreduktion, Einschlafhilfe, kurzfristiges Antidepressiva und eine Art von Ritual was unabhängig Lust stattfand. Gemeint ist, wenn bestimmte Bedingen erfüllt waren, dass ich dann lustunabhängig zum PMO gegriffen habe.

6. Aufhören merkt man einfach an der Umsetzung der Schritte, die Ihr vereinbart habt. Wenn er stets offen bleibt und sich nicht seltsam benimmt, dann wird er wohl weiter dranbleiben wollen. Vertraue deiner Intuition, Du kennst ihn, trotz der Suchtüberraschung, immer noch am besten.

7. Vertrauen aufbauen wird wohl die schwierigste Aufgabe für Dich werden. Das geschieht nur über Offenheit seinerseits und den Willen deinerseits sich dieser Aufgabe zu stellen. Redet so viel wie könnt. Versuche seine Trigger zu erkennen und beobachte ob er sich diesen aussetzt oder diese meidet. Wenn er sie meidet, dann versucht er es aufrichtig. Dann solltest Du wieder stückweise Mut und Vertrauen fassen können.
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#4
Hallo,

bei 1. denke ich an den weit verbreiteten Irrglauben, den ich auch bei Alkohol oft sehe. Das Denken, dass es keine Sucht ist, wenn lange Pausen zwischen dem Konsum liegen. Bei Porno hatte ich oft lange Lücken bis zum Rückfall.
Ist derjenige Alkoholiker, der jeden Tag die Flasche Vodka trinkt?
Ist derjenige Alkoholiker, der zwar lange Pausen hat, eben nicht täglich trinkt, doch immer, wenn das Leben schwer wird? Ich denke schon. Sucht ist doch auch, mit etwas nicht umgehen können und das zu kompensieren mit Mitteln verschiedener Art.
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        Porn kills everything.

  Porno hilft mir jetzt auch nicht.
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