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Mein Tagebuch auf dem Weg pornofrei zu leben
#8
Liebe Jana,
meine Beziehung befindet sich derzeit in einer sehr ungewissen Situation. Meine Freundin hat sich von mir getrennt, weil sie mit meiner Sucht nicht mehr klargekommen ist und das Gefühl hatte, in dieser Beziehung mit ihrem Struggles kaum noch vorzukommen und immer nur für mich da sein zu müssen bzw. mich wieder aufbauen zu müssen, wenn ich Pornos geguckt habe (ich will schon seit sehr langer Zeit eigentlich damit aufhören, und hatte aber immer wieder Rückfälle bzw. hab dieses Aufhören nie so richtig umsetzen können, deswegen hat mich das immer ganz schön fertig gemacht, wenn ich Pornos geguckt habe und damit musste Sie dann umgehen).

Kurz nach der Trennung (1 Woche später) haben wir uns aber nochmal getroffen und sind zu dem Entschluss gekommen, dass wir eigentlich gerne beide an dieser Beziehung festhalten wollen und an dieser Beziehung arbeiten wollen, dass aber heißt, dass wir uns nicht so häufig sehen und beide erstmal wieder lernen, auf uns selbst klarzukommen und Verantwortung für unser eigenes Leben übernehmen müssen. Daraufhin habe ich auch angefangen, mich nochmal um einen Therapieplatz zu bemühen und hatte plötzlich auch den Raum, um mich wirklich für mich und mit mir alleine, mit meiner Pornosucht auseinandersetzen zu können und es folgte eine Phase in der wir uns wieder Stück für Stück angenähert haben.

Nach einem weiteren Rückfall meinerseits, der dazu geführt hat, dass ich sie wieder von mir weggestoßen habe und sie nicht sehen wollte, obwohl sie sich in dem Moment ganz doll meine Nähe gewünscht hätte, hat sie dann noch einmal einen Cut gezogen und mir gesagt, dass ihr diese Annäherung rückblickend eigentlich viel zu schnell ging und sie mich jetzt gerne einen Monat lang nicht sehen möchte.

Dementsprechend haben wir gerade keinen Kontakt miteinander, haben uns aber für den 13.3. verabredet, um uns wieder zu treffen. Was auf dem Treffen passiert und ob bzw. wie unsere Beziehung dann weitergeht weiß ich im Moment nicht und kann da weder einschätzen, was vermutlich ihre Emotionen diesbezüglich sein werden noch kann ich gerade für mich gut festmachen, was ich mir wünschen würde. Darum ist das gerade alles ein bisschen ungewiss. Diese Ungewissheit ist gerade ein bisschen anstrengend und ich merke, dass ich ein bisschen Angst habe vor unserem Widersehen. Gleichzeitig ist diese Situation aber irgendwie auch sehr heilsam für mich, weil ich mich gerade noch komplett auf mich selbst konzentrieren kann und mich nicht mit dieser Beziehung auseinandersetzen muss. Also weder mit der Trauer nach einer Trennung noch der Beziehungsarbeit, die eine Wiederaufnahme der Beziehung mit sich bringen würde.

Ich hab in meinem Umfeld auf jeden Fall ein paar Menschen, die auch von meiner Sucht wissen und die ich in einer solchen Situation anrufen kann. Außerdem habe ich mir die Nummern des Krisendienstes, des Drogennotdienstes und des Seelsorgetelefons an meine Pinnwand geheftet, so dass ich mich im Zweifel an die wenden kann. Bisher habe ich aber noch nie jemanden angerufen, wenn ich das Gefühl hatte, dass das Verlangen nach Pornos aufkommt sondern bin bisher immer anders damit umgegangen. Aber ich halte mir diese Option auf jeden Fall offen und weiß auch selbst nicht so richtig, warum ich da noch nie zum Telefon gegriffen habe...

Das Video, was du angesprochen hast, habe ich mir schon gebookmarked, bin aber bisher noch nicht dazu gekommen mir das anzuschauen. In der Vergangenheit habe ich häufig die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mir auf YT ein Video anschaue, was Pornokonsum/Sucht behandelt, dass eher als Triggermoment wirkt und ich danach auf einer Pornoseite lande. Deswegen bin ich da im Moment eher vorsichtig, mir audiovisuelle Beiträge zu dem Thema anzuschauen. Aber ich denke, mit der Zeit werde ich da mehr Sicherheit gewinnen und mich auch wieder in Videoform mit dem Thema beschäftigen können und dann werde ich da auf jeden Fall nochmal reingucken.

Die Müdigkeit, die ich bereits beschrieben habe, nehme ich auch immer mehr als Entzugserscheinung wahr und ich merke auch, dass sich das langsam bessert. Mein Therapeut meinte dazu, dass der Dopaminkick, den ich sonst durch Pornografie hatte gerade eben nicht mehr stattfindet und damit in meinem Gehirn eine gewisse Ebbe an Glücksgefühlen herrscht, die dann zu Müdigkeit führen. Das wird sich aber bessern, wenn das Gehirn anfängt, wieder zu anderen Anlässen Dopamin auszuschütten und sich an ein pornofreies Leben ein Stück weit gewöhnt hat. Mir hilft es dabei auch gerade sehr, dass das Wetter wieder besser wird, wodurch ich mehr Fahrrad fahren kann und damit mehr Sport mache. Das hilft natürlich ungemein, den Dopaminpegel wieder ein bisschen zu heben.
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Jetzt noch ein bisschen persönliches Tagebuch:

Auch die letzten Tage habe ich es geschafft, mein Leben so zu gestalten, dass ich dabei keine Pornos geguckt habe und bin inzwischen bei Tag 9 durchgehender Abstinenz angekommen.
In den letzten zwei Tagen gab es durchaus Momente, in denen das Verlangen nach Pornos sehr stark wurde, häufig gepaart mit einem Gefühl, gerade etwas zu verpassen (Quasi die neu produzierten Videos, nicht mehr auf dem "aktuellen Stand" zu sein, usw. ). Das hat mich häufig sehr viel Willenskraft gekostet, diesem Verlangen nicht nachzugeben aber ich habe es geschafft und das macht mich stolz.

Ansonsten bemerke ich, dass die Gedanken an Sex über den Tag immer weniger werden und an manchen Tagen (tagsüber) auch gar nicht mehr auftauchen. Ich sexualisiere mir fremde Menschen, die ich auf der Straße treffe, immer weniger und kann mich auch wieder entspannter mit weiblichen Freundinnen treffen, ohne immer sofort eine sexuelle Komponente in dieses Treffen hineinzufantasieren. Die Gedanken sind zwar trotzdem teilweise noch da, aber sie werden weniger und ich kann sie besser kontrollieren bzw. einordnen.

Gerade ist es häufig so, dass wenn ich Menschen sehe, die ich attraktiv finde in meine Kopf sofort eine Gedankenspirale losgeht, ob ich diese Menschen gerade wirklich attraktiv finde und wenn ja aus welchen Gründen und was das mit meiner Sucht zu tun hat. Dadurch fällt es mir iwas mir m Moment relativ leicht, mit diesen Gedanken umzugehen und sie ein bisschen zu zerdenken.

Wenn ich mich allerdings abends ins Bett lege, um schlafen zu gehen, merke ich schon, dass die Gewohnheit noch zu masturbieren sehr stark ist und wie aus dem nichts plötzlich daran denke, zu masturbieren. Diese Gedanken kommen auch dann noch hoch, wenn ich versuche mich, wirklich gut auf das Schlafen gehen vorzubereiten und vorher spazieren gehe und/der meditiere.
Damit fällt es mir noch relativ schwer umzugehen, vor allem weil ich, wenn ich im Bett liege, mich dem relativ schutzlos ausgeliefert sehe. Viele meiner Bewältigungsstrategien bestehen im Moment noch aus einer aktiven Handlung (Spazieren gehen, Rauchen, Tagebuch oder im Forum schreiben) und das ist alles nicht mehr so richtig möglich, wenn ich schon im Bett liege bzw. kommt einfach wieder, wenn ich das tue und mich dann wieder hinlege. Deswegen habe ich in den letzten zwei Tagen doch wieder masturbiert vor dem Einschlafen und merke, dass ich daran noch weiter arbeiten muss. Da mache ich mir im Moment aber auch nicht so einen großen Stress wegen, weil ich mich die Selbstbefriedigung nicht so doll fertig macht, wie Pornokonsum und ich das Gefühl habe, dass es meinem Weg hin zu einem pornofreien Leben gerade auch nicht im Weg steht. Ich werde das also in den nächsten Tagen einfach mal weiter beobachten und gucken, was da so passiert bzw. wie ich da weiter mit umgehen will.

Bei der Selbstbefriedigung ist mir aber aufgefallen, dass meine Erektion wieder sehr viel härter wird, als voher und auch die Gedanken, die ich dabei habe in meiner Wahrnehmung immer weniger den klassischen Pornofantasien entsprechen sondern intimer und liebevoller sind und gefühlt auch mehr aus meiner eigenen Fantasie stammen. Das empfinde ich zumindest als eine sehr positive Entwicklung. Auch eine Morgenerektion hat sich in den letzten Tagen mal mehr mal weniger angedeutet. Zumindest physiologisch tut sich da also gerade einiges in meinem Körper.

Soweit die Zusammenfassung der letzten Tage. Ich hoffe, dass ich das Wochenende jetzt gut überstehe. Aber ich habe mich mit ein paar Menschen verabredet, habe also was zu tun und sehe dem deswegen recht positiv gestimmt entgegen.
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RE: Mein Tagebuch auf dem Weg pornofrei zu leben - von frederic17 - 26.02.2021, 13:14



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