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Mein langer Weg
#9
Hallo zusammen, ein Lebenszeichen von mir! Jetzt vor Weihnachten komme ich endlich mal wieder dazu, hier reinzuschreiben. In den letzten 5 Monaten ist viel passiert und das Ergebnis ist, dass ich meine Sucht hinter mir gelassen habe. Wie ich das schaffen konnte, möchte ich euch hier mitteilen.

Der wichtigste Schritt war sicherlich die Therapie. Ich habe eine wunderbare Verhaltenstherapeuthin gefunden, bei der ich mich sehr wohl gefühlt habe. Sollte jemand mit dem Gedanken spielen, eine Thrapie zu machen, kann ich das nach dieser Erfahrung nur empfehlen. Wichtig ist, dass man mehrere Erstgespräche ausmacht und sich dann wirklich wen aussucht, wo man sich verstanden fühlt und frei reden kann. Wenn die Chemie nicht stimmt, macht das eine Therapie sicherlich schwieriger.
Anfangs war ich wöchentlich bei ihr, über den Sommer, als ich noch tief in der Krise hing. Diese Konstanz hat mir gut getan, es ist auch einfach jede Woche so viel passiert, worüber ich reden musste. Die Trennung von meiner Freundin war ein wichtiger Schritt - nach dem anfänglichen Tief, das ich auch in meinem letzten Beitrag beschreibe, gings mir deutlich besser. Aus verschiedenen Gründen lag auf dieser Beziehung einfach ein ungeheurer Druck und nach dem Ende ist das einfach alles von mir abgefallen. Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass es die richtige Entscheidung war.

Ein weiterer Schlüsselmoment war ein Gespräch mit meinen Eltern. Ich hätte es niemals, wirklich absolut niemals, für möglich gehalten, ihnen von meiner Sucht zu erzählen. Meine Scham war einfach viel zu groß. Gleichzeitig habe ich aber immer gemerkt, wie dieses große Geheimnis unser Verhältnis belastet und wie unwohl und gestresst ich mich fühle, wenn ich sie besuche. Das habe ich so auch meiner Therapeutin erzählt und sie hat mich dann immer wieder darin bestärkt, das Gespräch zu suchen mit meinen Eltern. Anfangs war das für mich noch immer unvorstellbar, aber je mehr ich drüber nachdachte, desto sinnvoller erschien es mir. Im August, als ich dann bei meinen Eltern zu Besuch war, hat sich tatsächlich ein günstiger Moment ergeben und ich habe es einfach erzählt. Und das Tolle war: sie haben komplett anders reagiert, als ich befürchtet habe. Sie haben mir lange zugehört, waren verständnisvoll, haben mich nicht verurteilt und sich bedankt, dass ich ihnen das erzählt habe. Besser hätte es nicht laufen können und somit ist ein weiterer Riesenbrocken von meinem Herz abgefallen. Unser Verhältnis ist seitdem viel besser, ich bin unbeschwerter wenn ich - wie jetzt über Weihnachten - hier bin. So schwer dieser Schritt war: ich kann ihn jedem empfehlen, der das als Belastung empfindet. Es tut einfach enorm gut, wenn man sich nicht mehr verstecken muss und dieses gruselige Geheimnis teilen kann mit Menschen, denen man wichtig ist.

Außerdem bin ich vor 4 Monaten zu Freunden in eine WG gezogen. Nicht mehr alleine zu wohnen und nette Menschen um sich zu haben nimmt einem sowohl die Lust auf als auch die Möglichkeit zum Pornoschauen.

Fazit: Diese vier Schritte - Therapie, Trennung, Umzug, Gespräch mit meinen Eltern - haben mein Leben in den letzten Monaten um 180° gedreht. Ich bin zum ersten Mal seit Jahren wirklich im Reinen mit mir und habe das Gefühl, mein Leben im Griff zu haben. Ich mache viel Sport, komme im Studium voran, bin viel unter Menschen und fühle mich einfach gut. Natürlich ist die Sucht nicht komplett weg. Natürlich haben sich durch jahrelangen Pornomissbrauch Verhaltensmuster eingeschleift und ich merke immer wieder, dass ich noch immer anfällig bin und es vermutlich auch immer sein werde. Aber mir ist die Lust auf Pornos einfach gänzlich vergangen, weil ich endlich gemerkt habe, dass es so viel spannendere und sinnvollere Dinge gibt im Leben. Der Brainfog ist weg, ich kann mich immer besser konzentrieren und fühle mich nicht mehr so klein und hilflos wie früher. Meine Stimmungsschwankungen sind extrem zurück gegangen, ich bin viel ausgeglichener, sehr zu Freude meiner Mitmenschen.
Sicher können auch wieder schlechtere Zeiten kommen. Aber ich weiß jetzt, wie ich damit umgehen kann, was mir guttut etc.

Ich wünsche euch allen viel Erfolg und will euch wissen lassen, dass es Auswege gibt. Und euch vor allem eine Sache ans Herz legen: Redet mit Menschen in euerm Umfeld! Sei es Familie, Freunde, oder eben auch einE TherapeutIn. Reden hilft enorm.

Und jetzt schöne Weihnachtsfeiertage!
Steve
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Mein langer Weg - von SteveHarrington - 01.07.2019, 17:31
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 08.07.2019, 15:54
RE: Mein langer Weg - von Bambus_123 - 08.07.2019, 18:59
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 09.07.2019, 19:05
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 12.07.2019, 17:36
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 16.07.2019, 20:21
RE: Mein langer Weg - von Horst - 16.07.2019, 21:30
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 21.07.2019, 13:57
RE: Mein langer Weg - von SteveHarrington - 22.12.2019, 10:49



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