Erstens:
Es dürfte quasi immer so sein, dass bei Süchten irgendwas tieferes dahinter steckt. Allzu komplex muss das gar nicht sein, denn die Folge davon ist einfach "man fühlt sich halt doof" (leer, düster, depri, ängstlich..) und wird umso empfänglicher für alles, was im Gehirn die Dinge, die gute Gefühle machen, aktiviert (sei es auf dopaminergem Wege durch stoffunabhängige Süchte wie Spiel- Kauf oder Sexsucht, oder chemisch mit Drogen).
Man kann allerdings auch gerade deswegen Pornos und Zigaretten nicht auf eine Stufe stellen weil Zigaretten nicht berauschen. Sie helfen null gegen deartige Gefühle. Das ist einer der Gründe, warum Rauchen ganz besonders blöd ist - macht zwar süchtig und gierig im Sinne von "Heißhunger", aber einen positiven Rausch vermitteln sie nicht. Pornos kann man eher mit Kokain auf eine Stufe stellen, aber ganz gewiss nicht mit Zigaretten.
So gesehen kann man auch differenzieren, WAS genau da eigentlich befriedigt wird - der Sextrieb an sich, oder eher die Dopamingier. Wenn man das mit Essstörungen vergleichen würde, könnte man sagen, dass binge eating ja auch nicht dem Stillen des Hungergefühls dient, sondern ebenfalls andere psychische Regungen befriedigen soll. Aber auch hier muss man lernen, einen maßvollen Umgang zu haben, denn ohne Essen geht ja nunmal nicht. Ohne Sex geht streng genommen schon, aber der Trieb ist ja wie gesagt da und man muss damit umgehen lernen.
Zweitens:
Frage mich, ob das, was da stärker wird, wirklich der Sexualtrieb an sich ist. Ich wage sogar zu behaupten, er flaut eher ab (durch die Überstimulation). Es ist ja so (bei mir zumindest) dass Geilheit mit Erregung und Befriedigung auch möglich ist, wenn man bei "null Triebverlangen" anfängt und dann irgendwas konsumiert. Der Appetit kommt quasi beim Essen. Aber wenn man das Essen nicht vorgesetzt bekommen würde. wäre da auch gar kein Appetit. Ich merke das ganz krass. Wenn ich mir keinerlei stimulierende Dinge (meist im Internet) zuführe, regt sich von selber da fast gar nix mehr.
Das dürfte auch der Knackpunkt und Kerpunkt sein. Das ganze PMO Gefappe befriedigt NICHT den Geschlechstrieb. Der ist gar nicht mehr da. Es führt einfach zu einem hohen Austoß stimmungs-manipulierender Substanzen, es befriedigt die Gier nach Dopamin, Kick, guten Gefühlen, aber eben nicht den primären Geschlechtstrieb.
Ich merke bei mir auch ganz stark, dass noch ein ganz anderer Aspekt eine große, wahrscheinlich sogar die Größte Rolle spielt. Ich bin ja eher an erotischen Chats interessiert als an Pornos. Dabei spielt ja auch immer eine Rolle, dass der Chatpartner sich einem öffnet, intime Dinge mit einem teilt (also genauso wie beim real-Sex auch), was fürs Selbstwertgefühl gut ist und eine Art menschliche Anerkennung ist. Stellt Nähe her, fühlt sich gut an und hilft prima gegen Gefühle von Leere und Einsamkeit. Das ist es wohl, was bei mir primär relevant ist. Zeigt sich z.B. auch daran dass ich das nur bei wenigen ausgewählten Personen (die mich auch sonst menschlich interessieren) reizvoll finde und gar nicht bei jedem. Eine bestimmte Frau, die man spannend finde, "geknackt" zu haben, fühlt sich gut an. Ich mag die dann auch durchaus und sehe sie keineswegs als Lustobjekt, es ist einfach ein Gefühl von Nähe, Intimität und Vertrautheit.
(12.11.2023, 21:34)Mosaikstein schrieb: Wenn nun etwas so völlig ausser Kontrolle geraten ist, hilft m.E. auch eher der radikale Schnitt um auf einen Reset, einen Nullpunkt zu kommen. Erst von da aus kann man dann wieder auf ein Normalniveau kommen.
Ja, das mag tatsächlich so sein. Das sagen ja auch Sexual- bzw. Sexsucht-Therapeuten. Die "90 Tage" sind ja keine originäre Erfindung der nofap Community.