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Teufelskreis des Süchtigen
#1
Hallo Leute, habe heute einen interessanten Gedanken gehabt, den ich mit euch teilen möchte. Vielleicht betrifft es nur mich, aber ich hoffe, dass der eine oder andere damit etwas anfangen kann. Ich glaube, dass dies nicht nur auf die Pornosucht, sondern auf die Sucht an sich zutrifft. Nebenbei betrachte ich mich neben der Pornosucht auch als jemand, der manchmal Probleme mit exzessivem Essen, sowie generell Computersüchtig ist. Ich möchte nicht wirklich darüber diskutieren, ob sich bei Essen und Computersucht, um Süchte handelt, denn diese sind ja laut Definition sehr subjektiv, wenn man die Ursache des Konsumierens betrachtet. Viel mehr möchte ich auf zwei weit verbreitete Ansichtsweisen zur "leichteren" Bekämpfung der Sucht, d.h. Verringerung der Entzugserscheinungen, eingehen.

Meine Eltern sagten mir recht früh, dass ich Computerspielsüchtig bin, was sehr oft zu Streiterein geführt hat. Mein Eltern verbieten mir den Konsum, aber ich wiedersetzte mich oder fand andere Möglichkeiten (habe früher meine 10€ Taschengeld immer so schnell wie möglich im Internet Cafe verbraten). Worauf ich hinaus will, ist das ich schon seit sehr langer Zeit über Sucht nachdenke und was viele sicher kennen, ist die Taktik des Aufschiebens: natürlich sehe ich ein, dass XY schlecht ist, deshalb höre ich morgen auf ... . Morgen: nach einer Woche, weil ja YZ passiert. Auf diese Weise schafft man es schon seine Sorgen aufzuschieben. Aber ich gehe später noch einmal auf dieses Thema ein.
Jedenfalls wenn man sich dann aufgerafft hat, seine Sucht zu bekämpfen, versucht man sich die Entzugsphase einfacher zu machen. Deshalb meidet man Orte an denen man mit den Suchtgedanken konfrontiert wird oder meidet irgendwelche Tätigkeiten, die einen in der labilen Phase daran erinnern (z.B. geht ein Alkoholsüchtiger nicht mit seinen Freunden in die Diskothek, weil er fürchtet wieder trinken zu müssen). Bei mir habe ich erkannt, dass ich mir dann gestatte eine Ersatzdroge zu verwenden, um mir den Entzug leichter zu machen. Ich erlaube mir also kaloriereiches Essen exzessiv zu essen, weil ich ja im Entzug stecke und auf diese Weise meine Sorgen vergessen kann (ich weiss nicht ob ihr das kennt, aber wenn man sich den Magen randvoll geschlagen hat, wird man einfach müde und nickt ein oder ist in einem Zustand, in dem man höhstens zu 1% wach ist Big Grin). Oder manchmal schaue ich mir dann extrem lange irgendwelche YouTube Videos, Serien oder Fernsehsendungen an (ich verweise wieder auf den Zustand 1% Wachheit). Egal was die eigene Droge ist, es geht darum die Entzugserscheinungen zu vergessen und die schweren Zeiten möglichst leicht zu überstehen.
Die zweite Sache bezeichne ich selbst als "Henkersmahlzeit". Angeblich wurden die Opfer der Todesstrafe damals, mit einem Buffet ihrer Wahl beschenkt (oder sowas wie letztes Abendmahl ... keine Ahnung). Jedenfalls habe ich bei mir erkannt, dass ich mir, wenn ich mir das Ziel des Aufhörens gesetzt habe, auch sowas wie ein letztes Abendmahl gestatte. D.h. ich schau mir noch ein letztes Mal stundenlang Pornos an und masturbier wie ein Verrückter, bis man einfach nicht mehr kann ... . Das selbe hatte ich früher auch mit meiner Zigarettensucht: ja natürlich höre ich morgen auf, aber heute rauche ich wie ich Lust habe. Typischer Schwachsinn des Aufschiebens: Warum sollte man, wenn man die Entscheidung getroffen hatte aufzuhören, weil es einem gewaltige Probleme im Leben bereitet, sich die Erlaubnis geben, die Ursache des Übels für nur noch einmal oder bis zu dem Ereignis XY gestatten, so als wäre es ein Verlust aufzuhören, so als ob man etwas gutes aufgibt ... Finde das ziemlich verlogen, doch benutze ich diese Ausreden seit Jahren.

Schlimmer kommt es allerdings wenn ich diese beiden "Gewohnheiten" mit einander verknüpfe und somit einen Teufelskreis des Versagens aufziehe. Was also bedeutet dies? Hier mal anhand eines Beispiels: ich bin süchtig von A und B. Um mit A aufzuhören, erlaube ich mir im Entzugszeitraum B zu nehmen und um mit B aufzuhören, erlaube ich mir gegebenenfalls A zu konsumieren. Gut das klingt ja zunächst nicht so schlimm, wenn man bedenkt, dass man das Problem lösen könnte, wenn man mit A und B gleichzeitig aufhört. Aber nach irgendeiner Zeit wird man beispielsweise Rückfällig mit A. Das bedeutet, dass man quasi von vorne aufhört und somit eine neue Henkersmahlzeit erlaubt ist. Trotzdem fällt es einem noch schwieriger als sonst, weil man ja diesemal nicht Hilfe der Ersatzdroge B substituieren kann. Schwächt also auch irgendwie die Konsistenz des Aufhörens mit B ab. Dazu kommen noch die Nebenwirkungen dieser Henkermahlzeit: man fühlt sich am nächsten Tag schlecht oder hat ein schlechtes Gewissen oder sonst etwas destruktives.
Man sieht, dass man im Endeffekt es viel schwerer hat aufzuhören als jemand, der sich bewusst ist, dass es schwer werden wird und sich somit auf diese schweren Zeiten einstellt. Ich meine damit, dass es bekanntlich bei Suchten ja zwei Arten der Abhängigkeit gibt: 1) die physische z.B. durch die Veränderung mancher Organe oder des Gehirns. Dies führt zu heftigen Entzugserscheinungen, wenn die Droge nicht konsumiert wird und 2) die psychische Seite, also die Vernunft, die den ganzen Prozess des Aufhörens initialisiert hat. Benutzt man jetzt allerdings Ersatzdrogen, um sich den Gedanken nicht stellen zu müssen, versagt man doch gleich von Anfang an, weil man nicht sein Leben lang davor weglaufen kann. Die Lösung ist also: "Umarme den Schmerz und du gewinnst das Spiel". Stelle dich deinem Problem auf beiden Ebenen und wisse, dass es irgendwann besser werden wird, dass es kein Picknick werden wird. Außerdem, wenn man den Theorien über die Plastizität des Gehirns glauben schenken darf, ist es ja wissenschaftlich belegt, dass sich das Gehirn den neuen Umständen anpassen wird. (das Zitat ist übrigens aus dem Film "Revolver" Smile )
Geht es jemandem so ähnlich? Würde jemand etwas ergänzen oder wiedersprechen? Wie ist es bei euch?










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Teufelskreis des Süchtigen - von skonline90 - 22.04.2015, 14:02
RE: Teufelskreis des Süchtigen - von IwasIwer - 22.04.2015, 15:18
RE: Teufelskreis des Süchtigen - von IwasIwer - 22.04.2015, 17:46



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