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Wer ist dieser Mann eigentlich?
(22.02.2022, 06:56)Finchen156 schrieb: Hallo ihr lieben Mitleidenden, 
ich lese nun seit Anfang Dezember 21 in diesem Forum und habe etliche Beiträge verschlungen. Es hilft mir beim beim Verstehen und Verarbeiten.

Kurz zu mir. Ich bin 33 Jahre alt, lebe mit meinem Freund(28) seit 6,5 Jahren in einer Beziehung mit einer halbjährigen Trennung inklusive Auszug seinerseits im Jahre 2018. Ich habe einen 15 jährigen Sohn, dazu kamen in der Beziehung zwei weitere Kinder (5jahre, 9 Monate). Unsere Beziehung war irgendwie immer schon 08/15 und ohne wirklichen Tiefgang. Ich war immer die Starke, die Familienmanagerin, die Antreiberin. Er der ruhige, den ich wie einen nassen Sack, antriebslos hinter uns herschleifen musste(wollte). 

Natürlich habe ich mein Schicksal selbst gewählt, ich habe ihn genommen wie er ist, leicht war es nie, gemeckert habe ich viel und viel Zeit und Nerven investiert in dem Glauben irgendwann wird alles besser. Der Gedanke vieler Frauen ihren Partner irgendwann da zu haben wo sie ihn sehen, aber er sich eigentlich nicht...? 

Nun ja, wir schreiben Anfang Dezember 2021. Danke Google das du wie immer alles weißt und mir somit zeigen konntest was nun wirklich die Wahrheit ist, denn von ihm bekam ich sie nie. 
Er schaut pornos, jeden Tag, meist vor der Arbeit kurz nach dem aufstehen heimlich auf der Toilette, manches Mal wenn er von der Arbeit kam oder in jeder Situation in der ich mal kurz das Haus verlasse oder an Abenden in denen ich mal mit einer Freundin im Kino war oder einfach nur im Wohnzimmer mit meinem großen Sohn einen Film geschaut habe, den er nicht sehen wollte weil er angeblich müde war.

Natürlich sprach ich ihn darauf an.. Mich erwartete das selbe Szenario wie sonst die Jahre auch wenn ich mal wieder ein merkwürdiges bauchgefühl hatte, wir eine Weile keinen sex hatten, ich entgeistert morgens einfach wach wurde, dreckige Unterwäsche vorfang oder Flecken auf dem Teppich vor der Toilette. 
Seine Aussagen waren immer.. 
Ich sei krank, ich Spinne, ich bilde mir das ein, ich hab ne Macke, er macht das nicht.... Immer lautstark fast schreiend und wild gestikulierend. Natürlich auch diesesmal. Als ich ihm dann sagte das ich es hier schwarz auf weiß habe war seine erste Reaktion... Du bist doch so krank eh, das ist strafbar was du da machst 
Ich wusste in dem Moment echt nicht ob ich lachend vom Stuhl fallen, mir mit der Hand an die Stirn fassen, heulen oder ihm meine Faust ins Gesicht drücken soll. Am liebsten wäre ich wohl explodiert oder hätte ihn angezündet. 

Als er dann im Laufe dieses Abends mal realisiert hat das ich es nun tatsächlich weiß, erzählte er mir das er es ab und zu macht, so ein zweimal die Woche, manchmal auch nur alle zwei Wochen... Schon klar, habe ich ihm ja kurz vorher noch erzählt das ich weiß das es täglich ist, das nehme er wohl überhaupt nicht so wahr, sagt er bis heute

An dem Abend sackte er dann irgendwann in sich zusammen auf den Boden und verharrte dort wortlos mit Tränen in den Augen.
ich weinte ja schon seit Stunden, für mich brach einfach eine Welt zusammen. Ich sah kein Licht mehr. Ich fühlte mich belogen und real betrogen. Es war wirklich schlimm, dieses merkwürdige Gefühl war ja immer da, die Wahrnehmung dahingend hat er mir ja all die Jahre abgesprochen und sich mir als Mann dargestellt der er garnicht ist. Für mich war die Beziehung und all das was wir hatten in dem Moment zersprengt. Es folgte eine wirklich schwierige vorweihnachtszeit. Von meiner Seite aus unzählige Tränen, Tage an denen ich kaum aus dem Bett kam. Ich habe unsagbar viel gelesen und ihn jeden Tag auf der Arbeit schon mit Vorwürfen und neuen Erkenntnissen von gelesenem bombardiert. Mitte Dezember kam dann von ihm die Erkenntnis das es wohl eine Sucht sei, nachdem er mir die Wochen davor sagte ich wäre daran schuld. Wir hätten zu wenig sex, zuviel Streitereien usw. Auf mein drängen hin meldete er sich bei der Suchtberatung der Caritas lost in space in Berlin mit den Worten "ich habe durch die pornosucht meine Familie zerstört". Er begann nun auch selbst zu lesen und entdeckte immer mehr, äußerte das er generell keine Gefühle fühlen könnte und das die Pornographie ein fester Bestandteil war seitdem er jugendlich ist und er dies auch immer als sein gutes Recht ansah. Natürlich war ihm klar das es seine Beziehung gefährdet, deswegen hat er es auch nie gesagt und er sagt auch heute noch... Wenn ich es nicht rausgefunden hätte hätte er es mir nie gesagt und somit riskiert das ich ihn verlasse. Ich habe immer bemängelt das er sich zu wenig kümmert, wir zu wenig sex haben, das er antriebslos ist usw.

Er ist nun seit Anfang Dezember laut eigenen Aussagen pornofrei. Wir hatten im Dezember und Januar täglich sex bis auf wenige Ausnahmen. Mitte Ende Dezember erzählte er das er diese Fantasien generell im Kopf hat, die Szenarien begleiten ihm Tag und auch wenn wir sex haben. Jede weibliche Person wird objektiviert und sexualisiert. Nach bumsbar und nicht bumsbar kategorisiert und folglich gedanklich ins pornofilmchen gesetzt. Er erzählte das er sich auch in den letzten Jahren immer häufiger neben mir im Bett einen runter holte, ohne pornos aber eben mit Fantasien an die Frauen des Tages, Kundinnen etc. Die dann in seinen pornofantasien herhielten. Ob ich neben ihm noch wach war oder schlief war ihm egal, er hat sich das so gut eingeübt das ich davon tatsächlich nie etwas mitbekommen habe. Irgendwie kamen täglich neue Erkenntnisse dazu, neue verletzende Details, neue alte Lügen bzw Veränderungen in den vorher getätigten Aussagen. Mit mir versuchte er nun seine pornosucht oder sexsucht zu kompensieren, zumindest kommt mir das so vor. Mitte Dezember kam dann die erste flatline, er ist 28 und es regte sich überhaupt nichts mehr, nichts, keine morgenlatte gar nichts. Es war schrecklich für ihn und für uns ein Indiz dafür das es wohl tatsächlich eine Sucht ist und in seinem Hirn tiefer greift als gedacht. Vielleicht war das der Moment in dem er tatsächlich realisierte das es eine Sucht ist. Die flatlines kommen immer mal wieder, stand jetzt ist er immer noch pornofrei seit Anfang Dezember also bald drei Monate. Sie fehlen ihm nicht, er realisiere jetzt was sie angerichtet haben. Das er nichts fühlen kann, so antriebslos war, mich nicht mehr gesehen hat weil er dauerhaft befriedigt war. Mitte Januar sagte er er denkt er habe Depressionen, teilweise nun sogar mit suizidgedanken. Sein Kopf ist oft voll mit Gedankenwirrwarr und manchmal nun auch schulsgefühlen die er vorher laut eigener Aussage nie so wirklich hatte. Über die 116117 erhielt er Mitte Februar einen Termin zum Erstgespräch beim Psychologen. Reden bei fremden fällt ihm erstaunlich leicht. Im Gespräch diagnostizierte sie ihm mittelgradige depressionen und eine internetsucht. Täglich drei Stunden Youtube waren hier bis Anfang Dezember Standart und bis dahin mein eigentlich "größtes" Problem.
. Mehr wusste ich ja da noch nicht. Die Beratung bei lost in space hilft ihm, er besucht seinen berater seit Mitte Januar regelmäßig, die Abstände variieren von 2-4 Wochen Abstand. Die Aufgabe sich einen therapieplatz zu suchen und einen pornoblocker zu installieren konnte er bisher nicht bewältigen. Er suchte Adressen aber rief bisher nicht an, er installierte mit mir verschiedene Apps aber musste ernüchternd feststellen das diese ka greifen oder viel zu viel blockieren oder eben einen Haufen geld kosten oder man jede einzelne pornoseite einzeln sperren muss, das dauert stunden und es gibt ja täglich neue. Was zur Hölle ist daran soooo schwer einen vernünftigen Blocker zu entwickeln. Es nervt und man möchte fast meinen das niemanden tatsächlich daran gelegen wäre das Menschen es tatsächlich daraus schaffen wenn sie dadurch doch so wunderbar manipulierbar sind. Er nimmt mittlerweile viel mehr wahr, ärgert sich über die sexualisierung überall, in facebookbeiträgen, ja selbst auf der Dönerbude eine attraktive Dame die genüsslich in den Döner beißt... Wozu, sagt er, kann man dort nicht auch einen Mann oder ein Kind abbilden? Für Süchtige ist das anders, sagt er, er sehe es anders.... Ich sehe halt dort nur eine Frau...

Seit Anfang März versucht er sich nun in einem kompletten reboot, also auch ohne sex. Mitte Dezember war das für ihn nicht vorstellbar, er sagte er braucht es jeden tag und konnte sich nicht vorstellen eine woche ohne auszukommen. Wir reden viel, eigentlich täglich über diese sache und die Veränderung. Er hat das Gefühl das er durch die pornos jahrelang alles weggedrückt hat
Jeden Stress, jeden Zweifel, wenn etwas blöd lief, Einsamkeit, Eifersucht.. Überhaupt jegliche Gefühle. Das er jetzt wohl tatsächlich Depressionen hat kommt vielleicht überhaupt erst durch den Verzicht zum Vorschein. Es drückt in seinem Kopf, da will etwas raus was ewig verborgen war. Oft ist er überfordert damit. Mittlerweile öfter mal den Tränen nah obwohl er niemals weinen kann, er wünscht sich das mittlerweile sehr, aber es geht noch nicht. Er sieht sich als völlig kaputt aktuell, er bereut, er sieht was das angerichtet hat und wie er sich immer weiter von sich selbst entfernt hat. Er hält es nicht aus sich im Spiegel anzusehen. Bei der letzten Diskussion vor einer Woche verließ er die Wohnung und kam 1,5 Stunden später wieder, er kaufte sich Zigaretten obwohl er eigentlich nicht raucht und setzte sich in der Kälte an den See an dem wir damals zusammen kamen. Er wollte wieder nicht mehr leben und war überfordert mit allem, überlegte sogar einen Krankenwagen zu rufen und sich einweisen zu lassen. Gegenüber des see's sah er die lichter in den Häusern von "glücklichen Familien". Er kam dann doch wieder, erreichen konnte ich ihn nicht da er das Handy ausgeschaltet hatte. Ich merkte das er aktuell sehr leidet und glaube ihm schon, dass das was an Gefühlen dort nun alles durchbricht sehr schwer zu ertragen ist wenn man sich jahrelang darauf konditioniert hat es auszublenden. Am 10.3 und am 20.3 hatte er jeweils einen Rückfall mit mir. An den Tagen danach berichtet er mir von dem Schleier der sich dann wieder über seine Gefühle und die Wahrnehmung legt. Er möchte unbedingt weiter mache und den reboot durchziehen. Mich wundert dieser ganze Wandel der Aussagen in den letzten Monaten, es ist eine Entwicklung. Aber ich selbst kann mich nicht von dem Misstrauen befreien, ich leide immer noch jedem Tag. Sucht ist immer eine Familienkrankheit und vielleicht bräuchte ich selbst nun auch eine Therapie. Ich möchte hier gern weiter den Verlauf beschreiben. Wenn Fragen aufkommen immer gern raus damit, auch würde ich mich freuen wenn Kontakte zu anderen Betroffenen entstehen, vielleicht kommt sogar jemand hier aus Berlin oder Brandenburg Smile

Liebe Finchen, ich habe eine Frage wegen der Beratung lost in Space? Kann ich mich da auch als Angehörige hinwenden? Ich habe die Seite mal gegoogelt. Vielleicht können die mir ja helfen und ja, ich habe auch Angst davor, dass man als Angehörige danach eine Therapie braucht. Ich merke jetzt schon, dass ich gar kein Gefühl mehr zu mir bekomme und ich auch keine Sexualität mehr habe.
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RE: Wer ist dieser Mann eigentlich? - von Susan - 03.05.2022, 08:36
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