Der angelernte Fetisch – Was Hänschen nicht lernte, will Hans immer mehr

Man braucht kein Fachmann zu sein um festzustellen, dass die Gesellschaft augenscheinlich immer liberaler und offener wird- auch im Bezug auf Sexualität. Dies hat viele gute Seiten, denn unser Zusammenleben gestaltet sich dadurch immer toleranter. Homosexuelle werden mehr und mehr anerkannt und auch Transgender, sowie jegliche andere Formen von Liebe und Sexualität werden nicht mehr in dem Maße diskriminiert, wie es früher der Fall gewesen ist.

Der Ursprung für gewisse sexuelle Vorlieben ist nicht ganz geklärt und es ist bei einer Beziehung von Mensch zu Mensch auch nicht weiter tragisch, wenn es im gegenseitigen Einverständnis geschieht. Jedoch kann es bei der Pornosucht passieren, dass sich gewisse Fetische allein dadurch entwickeln, dass man die Dosis der Filme und deren Inhalt kontinuierlich extremer konsumieren will. Auf den Punkt gebracht: Eine Pornoszene, die gestern noch reichte, muss heute noch getoppt werden. Diese Denkweise ist bei vielen Pornosüchtigen vorzufinden und führt zu problematischen Konsequenzen.

Den Extremen verfallen

In vielen Erfahrungsberichten von Pornosüchtigen kann man nachlesen, dass die Betroffenen heute andere Vorlieben haben als früher. Es ist nicht gleichzusetzen mit dem Vorhaben, im Pornosucht Bett „mal was neues“ probieren zu wollen. Es gilt meistens der Grundsatz „je extremer, desto besser“. Manche Männer schauen sich beispielsweise Videos mit Transsexuellen an, obwohl diese Vorliebe überhaupt nicht ihrer echten Sexualität entspricht. Es scheint so, als würde man sich in der Pornowelt eine Parallelsexualität aufbauen, die nichts mit der Realität zu tun hat. Es wäre nicht so gravierend, wenn man eine klare Grenze ziehen könnte zwischen Pornos und Realität.

Unser Körper, sprich unser Gehirn und der Penis, wird nämlich jedes mal mit in den Sog der Sexfilme gezogen. Wir werden mit sexuellen Reizen konfrontiert und unser Körper reagiert darauf, bis der ganz natürliche Vorgang namens „Orgasmus“ meist das Ende des konfrontiert werdens bedeutet. Sprich: Die Pornos haben direkte Auswirkungen auf unseren nunmal mehr als real existierenden Körper und Geist, der auf diese Scheinwelt mit einer Erregung reagiert, die ursprünglich nur bei realem Kontakt mit einer Partnerin auftrat. Wir haben erfahren, dass der Pornosüchtige sich nach immer extremeren Szenen umschaut. Wird dieses Bedürfnis nicht bedient, ist die Erregung nicht mehr so schnell da und wir sehen die direkte Auswirkung am männlichen Körper: Der Penis wird nicht (so schnell) steif.

Sich bewusst werden

Neben all den Nebenwirkungen, die die Pornosucht parat hält, ist also die Entwicklung neuer Fetische auch problematisch. Das Gravierende daran ist gar nicht mal der Fakt, dass man vielseitiger „interessiert“ ist, sondern der fehlende Bezug zur Realität. Man sollte seine Sehnsüchte reflektieren und sich fragen, ob man tatsächlich auf die Dinge steht, denen man sich ständig mithilfe der Pornos aussetzt. Es kann zwar sein, dass durch die Vorlieben bei Pornos neue Wünsche entdeckt werden, doch oft ist es der Fall, dass diese Neuentdeckungen der Sucht zu verdanken sind. All das, was man sich anschaut, ist jedenfalls im echten Sexleben unmöglich durchzuführen. Am Ende leidet dann der potenzielle Partner unter diesen Fetischen, die durch den kontinuierlichen Pornokonsum zum Vorschein kamen, denn kein Mensch kann wohl all die Dinge tun, die dort gezeigt werden.

Und ob man dies überhaupt von jemandem verlangen kann, ist höchst fragwürdig. Deshalb ist es ratsam, sich klar darüber zu werden, was die wirklichen Bedürfnisse sind und wie man sie in einer intimen Beziehung mit einem Menschen befriedigen kann. All das, was man während der Pornosucht konsumiert, kann nämlich kaum auf die Realität übertragen werden. Sobald man sich also vergegenwärtigt hat, was persönlich erwünscht ist und was ein potenzieller Sexual- oder Liebespartner einem bieten kann, kann man sich auch auf die Suche machen, um den richtigen Weg in die Welt der echten Sexualität wieder einzuschlagen.